Das Bundesverfassungsgericht – Gericht und Verfassungsorgan
Das Bundesverfassungsgericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes. Im Streitfall legt es letztverbindlich die Verfassung aus. Es bestimmt damit Zuständigkeiten und Grenzen für das Handeln des Staates. Besondere Bedeutung hat es für die Durchsetzung der Grundrechte.
Das Bundesverfassungsgericht wurde im Jahr 1951 gegründet und hat seinen Sitz in Karlsruhe. Es ist ein allen anderen Verfassungsorganen gegenüber selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes. Zugleich ist es ein eigenständiges Verfassungsorgan. Es gehört damit nicht zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz oder eines anderen Bundesministeriums und unterliegt insbesondere auch keiner Dienstaufsicht. Vielmehr sind seine Entscheidungen für die Verfassungsorgane des Bundes und der Länder sowie für alle Gerichte und Behörden verbindlich.
Wer trifft die Entscheidungen?
Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten. Jeder Senat ist mit acht Richterinnen und Richtern besetzt. In jedem Senat werden zusätzlich mehrere Kammern gebildet, die aus jeweils drei Richterinnen und Richtern bestehen. Diese Kammern entscheiden den Großteil der eingehenden Verfassungsbeschwerden, um trotz der Vielzahl der Eingänge die zügige Bearbeitung zu gewährleisten. Die Kammern müssen dabei einstimmig entscheiden, andernfalls geht die Sache auf den Senat über. Entscheidungen zu neuen Fragestellungen müssen immer im Senat getroffen werden. Entscheidungen des Plenums (das sind alle Richterinnen und Richter beider Senate gemeinsam) sind nur ausnahmsweise vorgesehen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Senat beabsichtigt, in einer Rechtsfrage von der in einer Entscheidung des anderen Senats enthaltenen Rechtsauffassung abzuweichen.
Welche Verfahrensarten gibt es?
Die verschiedenen Verfahrensarten sind im Grundgesetz und im Gesetz über das Bundesverfassungsgericht geregelt. So können sich zum Beispiel oberste Bundesorgane also etwa der Bundestag an das Bundesverfassungsgericht wenden, um klären zu lassen, ob sie in ihren durch die Verfassung gewährleisteten Rechten und Pflichten verletzt oder gefährdet wurden (sog. Organstreit). Entsprechendes gilt bei Meinungsverschiedenheiten über Rechte und Pflichten des Bundes und der Länder (Bund-Länder-Streit).
Wenn ein Fachgericht der Meinung ist, dass ein einfaches Gesetz, auf das es bei seiner Entscheidung ankommt, gegen das Grundgesetz (GG) verstoße, darf es dieses Gesetz nicht selbst für verfassungswidrig erklären. Es muss stattdessen das Verfahren aussetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu dieser Frage einholen (konkrete Normenkontrolle). Nur das Bundesverfassungsgericht kann Gesetze aufheben – man spricht daher auch vom „Verwerfungsmonopol“. Auch über das Verbot einer Partei wegen Verfassungswidrigkeit darf nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Die wichtigste Verfahrensart: die Verfassungsbeschwerde
Die mit Abstand größte Zahl der Verfahren betrifft Verfassungsbeschwerden: Jede Person kann sich im Wege der Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht wenden, wenn sie oder er meint, der Staat habe ihre oder seine Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte (z. B. Folterverbot, Wahlrecht) verletzt. Die Verfassungsbeschwerden machen jährlich etwa 95 % aller Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht aus; seit 1951 sind insgesamt mehr als 245.000 Verfassungsbeschwerden beim Bundesverfassungsgericht eingegangen. Das Bundesverfassungsgericht ist damit heute ein echtes „Bürgerinnen- und Bürgergericht“. (Weitere Kennzahlen lassen sich den jeweiligen Jahresstatistiken entnehmen, die jährlich auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht werden.)
Keine Super-Revisionsinstanz
Dabei ist aber zu beachten, dass das Bundesverfassungsgericht keine „Super-Revisionsinstanz“ ist. Ziel der Verfassungsbeschwerde ist nicht, die von den Fachgerichten bereits entschiedenen Rechtsstreitigkeiten umfassend neu zu untersuchen. Das Bundesverfassungsgericht kann nur die Verletzung des spezifischen Verfassungsrechts korrigieren. Es reicht also nicht, dass jemand eine Gerichtsentscheidung für falsch hält. Nur wenn er plausibel machen kann, dass sie Verfassungsrecht, also das Grundgesetz, verletzt, hat seine Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg.
Was muss man bei der Erhebung einer Verfassungsbeschwerde beachten?
Damit eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe zur Entscheidung angenommen wird, müssen zunächst die Zulässigkeitsvoraussetzungen erfüllt sein. So müssen die Beschwerdeführenden etwa die vorgesehenen Fristen einhalten. Grundsätzlich müssen sie zunächst den Rechtsweg ausgeschöpft haben, sich also zuvor an die entsprechenden Fachgerichte gewandt haben. Auch müssen sie ausreichend deutlich darlegen, warum sie sich in ihren Grundrechten verletzt sehen. Einzelheiten dazu sind auf der Homepage des Bundesverfassungsgerichts zu finden. Dort ist auch ein „Merkblatt über die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht“ abrufbar. Darin sind wichtige Informationen über die Verfassungsbeschwerde zusammengefasst.
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