Vorratsdatenspeicherung und „Quick-Freeze-Verfahren“
Die Regelungen über die anlasslose Vorratsdatenspeicherung in Deutschland sind europarechtswidrig. Wir werden nun die Möglichkeit einer anlassbezogenen Sicherungsanordnung für Verkehrsdaten ("Quick-Freeze-Verfahren") einführen.
Bei der Aufklärung von Straftaten können so genannte Verkehrsdaten in bestimmten Fällen hilfreich sein. Das setzt aber voraus, dass die Daten bei den Anbietern noch vorhanden sind. Deswegen ist es wichtig, dass die Ermittlungsbehörden schnell reagieren können. Beim Quick Freeze-Verfahren können die Ermittlungsbehörden relevante Telekommunikationsdaten („Verkehrsdaten“ wie z. B. IP-Adressen oder Telefonnummern) umgehend bei den Providern einfrieren lassen, wenn der Verdacht auf eine Straftat von erheblicher Bedeutung (z. B. Totschlag oder Mord) besteht. Die damit zusammenhängenden Daten dürfen also dann vorerst nicht mehr gelöscht werden und auch neu anfallende Daten müssen gesichert werden. Wenn sich im Verlauf der weiteren Ermittlungen zeigt, dass die Daten tatsächlich für das Verfahren relevant sind, dürfen die Ermittler in einem zweiten Schritt auf die relevanten Daten zugreifen. Sowohl das Einfrieren als auch die spätere Übermittlung an die Behörden benötigen eine gerichtliche Anordnung.
FAQ zum "Quick-Freeze-Verfahren"
1. Was ist das Quick-Freeze-Verfahren und welche Ziele werden damit verfolgt?
Das Quick-Freeze-Verfahren ist ein neues Instrument der Strafverfolgung. Konkret geht es dabei um das „Einfrieren“, also die Sicherung von Verkehrsdaten zum Beispiel IP-Adressen, die Telefonnummern der an einem Anruf beteiligten Anschlüsse und andere Daten, die zum Aufbau einer Verbindung erforderlich sind. Die Strafverfolgungsbehörden sollen diese Verkehrsdaten bei den Telekommunikationsanbietern sichern lassen können. Dafür muss ein konkreter Anlass – der Verdacht, dass eine erhebliche Straftat geschehen ist – bestehen; zudem müssen die „einzufrierenden“ Daten im Zu-sammenhang mit dieser Straftat stehen können.
2. Was sind sogenannte Verkehrsdaten, die mit Quick-Freeze gesichert werden können?
Verkehrsdaten sind Daten, die bei der Erbringung eines Telekommunikationsdienstes erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Sie werden also beim Betrieb eines Telekommunikationsmittels wie des Handys oder des Computers generiert. Sie lassen zum Beispiel erkennen, wer mit wem, wann und wie lange telefoniert oder SMS austauscht. Diese Daten können auch Rückschlüsse auf den Standort des genutzten Mobiltelefons zulassen. Es handelt sich dabei explizit nicht um die Telekommunikationsinhalte. Bei mobilen Endgeräten gehören auch die über eine Funkzelle vermittelten Standortdaten dazu. Auch die IP-Adresse, die einem Telekommunikationsanschluss für den Zugang ins Internet zu einer bestimmten Zeit zugeordnet war, gehört dazu.
3. Warum ist die Einführung des Quick-Freeze-Verfahrens sinnvoll?
Bei der Aufklärung von Straftaten können Verkehrsdaten in bestimmten Fällen hilfreich sein. Das Quick-Freeze-Verfahren soll ermöglichen, die Daten schon zu einem frühen Zeitpunkt der Ermittlungen unter deutlich geringeren Voraussetzungen und in einem deutlich größeren Umfang zu sichern als es bisher möglich ist.
4. Wie soll das neue Instrument des Quick-Freeze-Verfahren funktionieren?
Das neue Quick-Freeze-Verfahren soll in zwei Stufen ablaufen.
Erste Stufe („Einfrieren“): Die erste Stufe spielt sich regelmäßig in einem frühen Ermittlungsstadium ab. Sobald der Verdacht einer erheblichen Straftat vorliegt, sollen die Strafverfolgungsbehörden relevante Verkehrsdaten schnell und einfach beim Telekommunikationsanbieter sichern lassen können („Einfrieren“). Dazu sollen sie eine gerichtliche Sicherungsanordnung beantragen können.
Eine solche Sicherungsordnung setzt nach dem Gesetzentwurf nicht voraus, dass sich der Verdacht bereits gegen eine bestimmte Person richtet. Es reicht, dass die Verkehrsdaten im Zusammenhang mit dem Verdacht einer Straftat von erheblicher Bedeutung stehen. Das können zum Beispiel Standortdaten sein, also mit welchem Mobiltelefon zum vermutlichen Tatzeitpunkt an einem bestimmten Ort telefoniert wurde. Auch die Daten des Opfers können damit zunächst einmal gesichert werden. Ist eine Sicherungsanordnung erlassen, dürfen die Telekommunikationsanbieter diese Daten vorerst nicht mehr löschen.
Zweite Stufe („Auftauen“): Erst im weiteren Verlauf der Ermittlungen, wenn sich etwa der Verdacht gegen eine bestimmte Person konkretisiert, dürfen die relevanten Daten auf Grundlage einer weiteren richterlichen Anordnung auf der zweiten Stufe vom Provider an die Strafverfolgungsbehörden übermittelt werden („Auftauen“). Die Strafverfolgungsbehörden können sie dann auswerten und für die Ermittlungen verwenden.
5. Soll das Quick-Freeze-Verfahren eine gerichtliche Anordnung voraussetzen?
Ja. Auf beiden Stufen des Quick-Freeze-Verfahrens soll zunächst ein Richter über die Rechtmäßigkeit des Erlasses einer sogenannten Sicherungsanordnung entscheiden. Dieser Richtervorbehalt soll dem Schutz der Grundrechte der betroffenen Personen dienen. Daran hat die Rechtsprechung in den letzten Jahren mit Nachdruck erinnert.
Die Effektivität des Quick-Freeze-Verfahrens wird durch den Richtervorbehalt nicht beeinträchtigt. Die Gerichte haben vielfach Bereitschaftsdienste eingerichtet, um auch außerhalb der üblichen Geschäftszeiten eine gerichtliche Kontrolle von Ermittlungsmaßnahmen sicherzustellen.
Für besonders gelagerte Ausnahmefälle, insbesondere bei Gefahr im Verzug, wird zudem eine Eilkompetenz der Staatsanwaltschaft vorgesehen.
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