Mit der E-Evidence-Verordnung (EU 2023/1543) und der dazugehörigen Richtlinie (EU 2023/1544) wurde 2023 der Austausch von digitalen Beweismittel-Dokumenten geregelt. Der Austausch von Beweismitteln, wie z. B. E-Mails oder Chat-Nachrichten, welche zur Ermittlung von Straftaten benötigt werden, soll dadurch beschleunigt werden. Justizbehörden sollen zukünftig Informationen direkt bei einem Anbieter von Kommunikationsdiensten, mit Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat, anfordern können.
Die E-Evidence-Verordnung verpflichtet die EU-Mitgliedstaaten, innerhalb von 36 Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung einen sogenannten „interoperablen Zugangspunkt“ aufzubauen, welcher einen sicheren Austausch von Informationen über ein Telekommunikationsnetz mit anderen Gateways ermöglicht. Über die Zugangspunkte werden die an dem Informationsaustausch teilnehmenden IT-Systeme und Portale miteinander vernetzt - das sogenannte „dezentrale IT-System“.
Erste und nächste Schritte
Mit dem Projekt soll der Teil der E-Evidence-Verordnung umgesetzt werden, für den der Bund zuständig ist. Den Aufbau des deutschen Zugangspunkts und die nationale Anbindung koordiniert die E-Justiz-Koordinierungsstelle Europa (EKE), die beim Justizministerium Nordrhein-Westfalen eingerichtet wurde.
Aufgrund hoher Datenvolumen der digitalen Beweismittel und der besonderen Anforderungen durch die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure, muss eine eigene IT-Architektur mit einem neuen Zugangspunkt aufgebaut werden. Für die Einbindung der privatwirtschaftlichen Service-Provider sind umfangreiche Anpassungen und Erweiterungen der vorhandenen Infrastruktur erforderlich. Zudem sind Anpassungen für die Einbindung von nationalen Notifizierungsstellen notwendig, um die Kommunikation zwischen diesen und den Service-Providern zu ermöglichen. Die bisherige Infrastruktur deckt lediglich einen Teilbereich der bidirektionalen, grenzüberschreitenden Nachrichtenübermittlung von einer Behörde zu einer anderen ab.
In einem ersten Schritt wird die derzeitige nationale Praxis zwischen Service-Providern und deutschen Ermittlungsbehörden erfasst. Auf der Grundlage der Prozessanalyse und unter Berücksichtigung etablierter Standards wird im Anschluss ein Prozessmodell für die grenzüberschreitenden Anfragen sowie die hierauf beruhenden Rückantworten der Provider entworfen. Darauf aufbauend wird die tatsächliche Umsetzung und Anbindung der Service-Provider an die e-CODEX Infrastruktur erfolgen.
Was ist das e-CODEX-System und der e-CODEX-Zugangspunkt?
Das „e-CODEX-System“ (e-Justice Communication via Online Data Exchange) ist ein sicheres und zuverlässiges IT-System, welches die digitale Kommunikation mit Justizbehörden grenzüberschreitend ermöglicht. Das von der Europäischen Kommission kofinanzierte internationale Projekt unter Ko-Federführung der Niederlande, Österreich, Spanien, Frankreich und Deutschland (Justizministerium Nordrhein-Westfalen) wurde seit 2010 entwickelt und stellt unter Geltung der VO 2022/850/EU einen interoperablen technischen Rahmen bereit, der es ermöglicht, elektronische Daten sicher über Landesgrenzen hinweg auszutauschen. Nutzerinnen und Nutzer, wie z. B. zuständige Justizbehörden, zukünftig aber auch die Anwaltschaft und Privatpersonen, können damit Dokumente, Beweismittel oder andere Informationen schnell, sicher und zuverlässig digital versenden und empfangen.