Abstammungsrecht – Fragen der Eltern-Kind-Zuordnung
Die Gesellschaft zeigt auch im Bereich der gelebten Familienmodelle seit geraumer Zeit eine große Vielfalt. Neben die traditionelle Vater-Mutter-Kind-Familie sind weitere Familienformen getreten: Es entscheiden sich weniger Elternpaare dazu, vor oder auch nach der Geburt eines Kindes zu heiraten. Auch gehören Regenbogenfamilien zum heutigen Familienbild dazu. Zunehmend mehr Kinder haben gleichgeschlechtliche Elternpaare oder einen transgeschlechtlichen, nicht-binären oder intergeschlechtlichen Elternteil.
Das Abstammungsrecht muss diesen unterschiedlichen Familienkonstellationen hinreichend Rechnung tragen. Das Abstammungsrecht regelt die rechtliche Eltern-Kind-Zuordnung, also die Frage, welche Person im rechtlichen Sinne Elternteil eines Kindes ist. Es befindet sich in den §§ 1591 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Zum Verständnis der rechtlichen Vorschriften ist es wichtig zu wissen, dass rechtliche Elternschaft und biologische oder genetische Elternschaft auseinanderfallen können. § 1591 BGB bestimmt, dass Mutter eines Kindes die Frau ist, die es geboren hat. Dies gilt auch, wenn das Kind genetisch nicht von ihr abstammt, etwa weil es mit der Eizelle einer anderen Frau gezeugt wurde (z. B. aufgrund einer im Ausland durchgeführten Eizell- oder Embryonenspende). Als Vater ordnet das Gesetz einem Kind den Mann als Vater zu, der zum Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist, der die Vaterschaft anerkannt hat oder dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. Ein Auseinanderfallen von rechtlicher und biologischer bzw. genetischer Vaterschaft kommt etwa vor, wenn ein Kind mithilfe der Samenspende eines Dritten oder von einem anderen Mann als dem Ehemann oder ihrem die Vaterschaft anerkennenden Partner der Frau gezeugt wird.
Das Abstammungsrecht ist – anders als das Adoptionsrecht – nach Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe im Oktober 2017 nicht geändert worden. Es sieht bisher keine gemeinsame Elternschaft gleichgeschlechtlicher Paare vor. Nach derzeit geltender Rechtslage ist daher für gleichgeschlechtliche Eheleute und eingetragene Lebenspartnerinnen und Lebenspartner zur Erlangung gemeinsamer rechtlicher Elternschaft stets eine (Stiefkind-)Adoption erforderlich.
Ausblick
Die Gesetzentwürfe für die familienrechtlichen Reformen (Unterhaltsrechts, Kindschaftsrecht und Abstammungsrecht) werden in dieser Legislaturperiode im Zuge der vorzeitigen Beendigung der Regierungskoalition nicht weiterverfolgt. Der Reformbedarf besteht allerdings weiterhin. Damit die in den Entwürfen enthaltenen Überlegungen für die weitere Diskussion genutzt werden können, wurden die Gesetzentwürfe als Diskussionsentwürfe veröffentlicht. Den Entwurf zum Abstammungsrecht finden Sie hier.