Das Selbstbestimmungsgesetz regelt die Voraussetzungen für die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen im Personenstandsregister neu.
Zur Menschenwürde und zum Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gehört auch das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung.
Daher hat sich die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vorgenommen:
„Wir werden das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Dazu gehören ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft möglich macht, ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Aufklärungs- und Beratungsangebote. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von der GKV [Gesetzlichen Krankenversicherung] übernommen werden.“
Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen haben künftig die Möglichkeit, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen durch eine Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen. Die Vorlage eines ärztlichen Attests oder die Einholung von Gutachten in einem Gerichtsverfahren wird nicht länger erforderlich sein.
Am 23.08.2023 hat die Bundesregierung den von Bundesfamilienministerin Lisa Paus und Bundesjustizminister Marco Buschmann vorgelegten Entwurf für das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (sog. Selbstbestimmungsgesetz) beschlossen. Das Gesetz wurde am 12.04.2024 vom Bundestag in 2. und 3. Lesung beschlossen. Das Gesetz soll größtenteils am 01.11.2024 in Kraft treten. Bereits ab dem 01.08.2024 soll jedoch die Anmeldung der Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen bei den Standesämtern möglich sein, sodass bereits zu diesem Zeitpunkt die dreimonatige Anmeldefrist zu laufen beginnt.
Das Selbstbestimmungsgesetz wird es einfacher machen für transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister und ihre Vornamen ändern zu lassen. Es löst das in wesentlichen Teilen verfassungswidrige Transsexuellengesetz (TSG) von 1980 ab.
Wesentliche Regelungsinhalte
Das Selbstbestimmungsgesetz betrifft vornehmlich das Verfahren, mit dem trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen eine Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihre Vornamen bewirken können. Das Gesetz trifft keine Regelungen zu geschlechtsangleichenden medizinischen Maßnahmen.
Die wesentlichen Regelungsinhalte des Gesetzes sind wie folgt:
Änderung von Geschlechtseintrag und Vornamen durch „Erklärung mit Eigenversicherung“: Um eine Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen im Personenstandsregister zu bewirken, müssen trans-, intergeschlechtliche und nichtbinäre Menschen künftig kein gerichtliches Verfahren mehr durchlaufen. Auch die Einholung von Sachverständigengutachten ist keine Voraussetzung mehr für eine Änderung. Ausreichend hierfür ist vielmehr eine sogenannte „Erklärung mit Eigenversicherung“ gegenüber dem Standesamt. In der Erklärung hat die antragsstellende Person zu versichern, dass die beantragte Änderung ihrer Geschlechtsidentität am besten entspricht und ihr die Tragweite der durch die Erklärung bewirkten Folgen bewusst ist.
Drei-Monats-Frist für vorherige Anmeldung: Die Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen muss drei Monate vor der Erklärung gegenüber dem Standesamt angemeldet werden. Das verabschiedete Gesetz sieht vor, dass dies bereits ab dem 01.08.2024 möglich ist.
Einjährige Sperrfrist für erneute Änderung: Für eine erneute Änderung gilt eine Sperrfrist von einem Jahr nach der vorherigen Änderungserklärung.
Für Minderjährige sollen folgende Regelungen gelten:
Für Minderjährige bis 14 Jahren können die Sorgeberechtigten die Änderungserklärung abgeben können; die Minderjährigen können sie nicht selbst abgeben. Die Erklärung bedarf des Einverständnisses des Kindes, wenn es das fünfte Lebensjahr vollendet hat. Die Erklärung des gesetzlichen Vertreters kann nur in Anwesenheit der minderjährigen Person beim Standesamt abgegeben werden. Bei Minderjährigen bis 14 Jahren muss der gesetzliche Vertreter zudem bei der Änderungserklärung mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2 SBGG erklären, dass er entsprechend beraten ist.
Minderjährige ab 14 Jahre können die Änderungserklärung selbst abgeben. Deren Wirksamkeit setzt allerdings die Zustimmung der Sorgeberechtigten voraus. Die Zustimmung kann durch das Familiengericht ersetzt werden. Maßstab dabei ist - wie im Familienrecht allgemein - das Kindeswohl. Beschränkt geschäftsfähige Minderjährige ab 14 Jahren müssen bei der Änderungserklärung mit der Versicherung nach § 2 Absatz 2 SBGG selbst erklären, dass sie beraten sind. Zusätzlich ist zudem eine beispielhafte Aufzählung möglicher Beratungsstellen vorgesehen.
Eintragung als „Elternteil“ in der Geburtsurkunde: Eltern soll die Eintragung „Elternteil“ anstelle von „Vater“ oder „Mutter“ in der Geburtsurkunde ihrer Kinder ermöglicht werden.
Offenbarungsverbot: Um Personen vor einem Zwangsouting zu schützen, ist es - ähnlich wie im geltenden Recht - auch künftig verboten, frühere Geschlechtseinträge oder Vornamen auszuforschen und zu offenbaren. Wird eine betroffene Person durch die Offenbarung absichtlich geschädigt, so ist der Verstoß bußgeldbewehrt. Ein generelles Verbot des sogenannten „Misgenderns“ oder „Deadnamings“ ist im Selbstbestimmungsgesetz nicht geregelt.
Hausrecht und Zugang zu geschützten Räumlichkeiten: Das Selbstbestimmungsgesetz lässt das private Hausrecht und die Vertragsfreiheit unberührt. Dies ist im Gesetzestext klargestellt. Auch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) wird vom Selbstbestimmungsgesetz nicht berührt. Hinsichtlich des Zugangs zu geschützten Räumen wird sich durch das Selbstbestimmungsgesetz also nichts ändern. Was heute im Rechtsverkehr zulässig ist, das wird auch künftig zulässig sein, was heute verboten ist, wird verboten bleiben. Auch die Autonomie des Sports wird durch das Gesetz nicht angetastet.
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