Die Zahl rechtsextremistisch motivierter Straftaten bewegt sich seit Jahren auf einem hohen Niveau. In jüngster Zeit haben insbesondere der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke im Jahr 2019 und die Anschläge von Halle und Hanau in den Jahren 2019 und 2020 besonders eindrücklich das Ausmaß der Bedrohung und die Dringlichkeit aufgezeigt, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Rechtsextremismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bedrohen und schädigen das friedliche Zusammenleben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unserem Land. Ihre Bekämpfung ist eine gesamtgesellschaftliche und dauerhafte Aufgabe, die mit großer Entschlossenheit vorangetrieben werden muss.
Aufklärung und Prävention
Dabei spielen Aufklärung und Prävention eine zentrale Rolle. Das Bundesministerium der Justiz fördert seit Jahren Projekte und Tagungen im Bereich der politischen Bildung, der Strafverfolgung, des Strafvollzugs und des Opferschutzes. Zugleich ist es wichtig, die Justiz für das Erkennen von rechtsextremistisch motivierten Straftaten und den Umgang mit den Opfern dieser Taten zu sensibilisieren. Deshalb wurde u.a. die Beschäftigung mit dem nationalsozialistischen Unrecht durch eine Änderung des § 5a des Deutschen Richtergesetzes zum verpflichtenden Inhalt der juristischen Ausbildung gemacht. Zudem veranstaltet das Bundesministerium der Justiz Tagungen, etwa bei der Deutschen Richterakademie, um unter Richterinnen und Richtern und Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ein vertieftes Verständnis für die Herausforderungen, die dieses Themenfeld mit sich bringt, zu fördern.
Strafrechtlicher Schutz
Der Schutz des friedlichen Zusammenlebens und der Schutz vor Äußerungen, die Personen auf Grund bestimmter Merkmale in ihrer Menschenwürde verletzen oder herabwürdigen, werden auch durch die Androhung und Verhängung von Strafen gewährleistet. So richten sich etwa § 130 des Strafgesetzbuchs (StGB) (Volksverhetzung) und § 192a StGB (Verhetzende Beleidigung) explizit gegen rassistisch motivierte Taten. Neuen Formen der Bedrohung des öffentlichen Friedens durch „Feindeslisten“ wurde im Jahr 2021 durch Einführung von § 126a StGB (Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten) Rechnung getragen. Zudem wurde in § 188 StGB (Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung, üble Nachrede und Verleumdung) klargestellt, dass die Strafandrohung für Beleidigungsdelikte zum Nachteil von im politischen Leben des Volkes stehenden Personen auch für Kommunalpolitikerinnen und -politiker gilt.
Um wirksam gegen Extremismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vorzugehen, ist und bleibt die konsequente Strafverfolgung der betreffenden Taten unerlässlich. Dabei ist es wichtig, dass entsprechende Motive bei der Festlegung der Strafe für den Täter (Strafzumessung) berücksichtigt werden. Die Strafzumessung ist in § 46 StGB geregelt. Dort ist vorgesehen, dass rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Beweggründe grundsätzlich strafschärfend zu berücksichtigen sind (§ 46 Absatz 2 StGB).
Radikalisierung und Hass im Netz
Die Radikalisierung und Vernetzung insbesondere rechtsextremer Personen und Gruppen findet immer häufiger im Netz statt. Zugleich bieten das Netz und soziale Netzwerke immer häufiger Raum für hasserfüllte und nicht selten rechtsextreme und rassistische Debatten.
Seit Oktober 2017 wird in Deutschland mit dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) gegen Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke vorgegangen. Das NetzDG sieht bußgeldbewehrte Pflichten wie die Einführung eines Beschwerdemanagements für Anbieter großer sozialer Netzwerke vor. Konkret müssen die Anbieter Beschwerden von Nutzerinnen und Nutzern über rechtswidrige Inhalte entgegennehmen, diese prüfen und innerhalb bestimmter Fristen rechtswidrige Inhalte löschen. Rechtswidrige Inhalte im Sinne des NetzDG sind unter anderem Beleidigung, üble Nachrede, Verleumdung, öffentliche Aufforderung zu Straftaten, Volksverhetzung, Gewaltdarstellung und Bedrohung.
Der Digital Services Act (DSA) wird in Zukunft die Regelungen des NetzDG in Deutschland ablösen und europaweit einheitliche Regelungen vorgeben. Das ist ein wichtiger Schritt, auch im Kampf gegen Extremismus, Rassismus und andere Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit.
Schutz der Opfer im Strafverfahren
Ein hohes Schutzniveau für die Rechte von Opfern, auch im Strafverfahren, ist ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung. Gerade Opfer rechtsextremistisch und rassistisch motivierter Straftaten brauchen angemessene Unterstützung. Rechte von Opfern umfassen insbesondere das Recht, Informationen über das gerichtliche Verfahren und in bestimmten Fällen Akteneinsicht oder die kostenlose Unterstützung eines Rechtsanwalts zu erhalten. Opfer bestimmter, zumeist schwerer Straftaten, wie versuchter Tötung, können sich dem Verfahren als Nebenkläger bzw. Nebenklägerin anschließen. Im Falle antisemitischer Straftaten stehen den Betroffenen in Bund und Ländern Antisemitismusbeauftragte oder Ansprechpartner für diese Fragen zur Verfügung, teilweise auch bei den Staatsanwaltschaften. Diese setzen sich dafür ein, die Rechtsanwendung bei der Bearbeitung antisemitischer Delikte zu vereinheitlichen und die Ermittlungen verschiedener Staatsanwaltschaften zu vernetzen und ggf. zu koordinieren. Auch setzen sie sich dafür ein, themenspezifische Fortbildungsmaßnahmen durchzuführen. Weiterführende Informationen dazu finden Sie hier.
Hilfen für Betroffene von Straftaten
Für Betroffene von Straftaten gibt es eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten praktischer, psychosozialer und finanzieller Art. Seit Oktober 2020 bietet die zentrale Opferschutzplattform Hilfe-Info.de des Bundesministeriums der Justiz Hinweise zu Anlaufstellen, finanziellen Hilfen, Unterstützung bei psychischen Belastungen sowie Informationen zum Strafverfahren. Die Opferschutzplattform beinhaltet zudem Informationen, welche Unterstützungsangebote es speziell für Betroffene von extremistischen Übergriffen gibt.
Härteleistungen für Opfer rechtsextremer Gewalt
Für Betroffene rechtsextremer Gewalt stellt der Deutsche Bundestag bereits seit dem Haushaltsjahr 2001 finanzielle Mittel bereit. Anlass zur Schaffung dieser sogenannten Härteleistungen war der hohe Anstieg schwerer Gewalttaten mit rechtsextremistischem und ausländerfeindlichem Hintergrund. Seit dem Jahr 2010 werden zudem finanzielle Mittel für Betroffene aller extremistisch motivierten Übergriffe zur Verfügung gestellt. Weitere Informationen sowie das Antragsformular finden Sie hier auf der Seite des Bundesamts für Justiz.
Ausschüsse und Strategien der Bundesregierung
Die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ist eine Daueraufgabe der gesamten Bundesregierung.
In Reaktion auf den Anschlag in Hanau hatte die Bundesregierung einen Kabinettausschuss zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus ins Leben gerufen, der im Mai 2021 einen Abschlussbericht vorlegte. Der Bericht sieht 89 konkrete Einzelmaßnahmen vor.
Im November 2022 hat die Bundesregierung die Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben beschlossen. Die Strategie soll dazu beitragen, Antisemitismus auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen entgegenzutreten. Nähere Informationen finden Sie hier. Derzeit arbeitet die Bundesregierung an einer Gesamtstrategie unter dem Arbeitstitel „Für Demokratie und gegen Extremismus – Strategie für eine starke, wehrhafte Demokratie und eine offene und vielfältige Gesellschaft“.