Was versteht man unter Kriminalprävention?
Bei der Kriminalprävention geht es darum, Straftaten nach Möglichkeit zu verhindern. Sie ist Teil vielfältiger gesellschaftlicher Bemühungen, die darauf zielen, Lebenschancen und Handlungspotenziale von Menschen zu fördern. Denn auch dies kann einen wichtigen Beitrag zur Kriminalprävention leisten.
Viele von uns denken bei dem Thema Kriminalprävention häufig insbesondere an Polizei und Justiz. Tatsächlich setzt Prävention aber schon viel früher an, und zwar im eigentlichen Wortsinn des lateinischen praevenire als echtes Zuvorkommen.
Die entwicklungsorientierte Kriminalprävention geht deshalb davon aus, dass Personen nicht von heute auf morgen zu Straftätern werden. Straftaten sind vielmehr in der Regel das Ergebnis eines längeren Entwicklungsprozesses. Dieser beginnt häufig bereits während des Aufwachsens. Probleme im Verhalten und problematische Einstellungen zeichnen sich immer wieder bereits in jungen Jahren ab. Die entwicklungsorientierte Prävention, bei der bereits früh vorbeugende Maßnahmen eingesetzt werden, ist daher ein vielversprechender Ansatz, um Straftaten zu verhindern.
Bestimmte Entwicklungsbedingungen – zum Beispiel das Zusammensein mit den „falschen“ Freunden oder eigene Gewalterfahrung im Elternhaus – können zu nachteiligen Entwicklungen im (Sozial)Verhalten führen, an deren Ende Intensiv- oder Gewalttäter stehen können. Damit beginnt Prävention idealerweise schon sehr früh und oftmals dort, wo viele sie gar nicht vermuten würden: In der Kita, der Schule, der Freizeit und im Sozialraum. Durch Bildung, Chancengleichheit und Teilhabemöglichkeiten. Kriminalprävention ist deshalb eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.
Welche Akteure und Initiativen gibt es im Bereich der Kriminalprävention?
Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK)
Für eine gelingende Prävention ist eine Vielzahl von Akteuren gefragt, insbesondere die Wissenschaft, die Praxis - also insbesondere die kriminalpräventiven Projektträger „vor Ort“, die Maßnahmen beispielsweise in der Schule und in der Freizeit durchführen - und natürlich die Politik.
Das Zusammenwirken dieser Akteure ist für eine erfolgreiche Kriminalprävention unerlässlich. Deshalb wurde im Jahr 2001 die gemeinnützige Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) gegründet. Unter dem Dach des DFK versammelt sich ein Kuratorium aus Vertreterinnen und Vertretern der Bundespolitik, der Landespolitik, von Wirtschaft und Verbänden, von Gewerkschaften, der großen Religionsgemeinschaften und der kommunalen Spitzenverbände, um die Kriminalprävention in allen Aspekten zu fördern. Durch die Vernetzung zahlreicher Initiativen und Projekte bietet das DFK ein nationales Dach für ganz unterschiedliche kriminalpräventive Ansätze und Themenfelder.
So befasst sich das DFK schwerpunktmäßig unter anderem mit der Gewaltprävention für junge Menschen, der Prävention von häuslicher Gewalt und der kommunalen Prävention. Die kommunale (Kriminal)Prävention ist ein Kooperationsansatz, der berücksichtigt, dass Maßnahmen vor Ort in den Gemeinden und Städten stattfinden. Voraussetzung für die präventive Wirksamkeit ist deshalb eine gute Kooperation der beteiligten Akteure durch professionelle Zusammenarbeit, die das DFK etwa durch Handreichungen und Fortbildungsformate fördert.
In den zuvor genannten Präventionsfeldern haben in der Praxis allerdings nicht wenige Maßnahmen, auch wenn sie noch so gut gemeint sind, leider keine bewiesenen Effekte oder – schlimmer noch – führen zu nachteiligen Folgen. So zeigen etwa sogenannte „Scared Straight“-Maßnahmen (beispielsweise Gefängnisbesuchsprogramme), die vor allem auf Einschüchterung setzen, häufig kontraproduktive Effekte. Deshalb setzt sich das DFK für den Grundsatz der Evidenzbasierung ein. Ziel dabei ist es, kriminalpräventive Ansätze wissenschaftlich fundiert, qualitätsgesichert und praxistauglich durchzuführen. Auch sind Maßnahmen der Kriminalprävention häufig kurzfristig angelegt und wissenschaftlich nicht hinreichend fundiert. Dies gilt vor allem nach spektakulären Einzelfällen wie beispielsweise Amoktaten. Hier wird häufig reflexhaft reagiert, beispielsweise mit der einseitigen Forderung nach Strafverschärfungen. Tatsächlich aber braucht Prävention evidenzbasierte Konzepte und professionelle Akteure. Die Arbeit des DFK ist vor diesem Hintergrund besonders bedeutsam.
Das Bundesjustizministerium fördert die vom DFK durchgeführten Projekte und die Stiftung als solche und trägt damit zur Förderung einer evidenzbasierten Kriminalprävention bei.
Europäisches Netzwerk für Kriminalprävention (EUCPN)
Nicht nur auf nationaler Ebene engagiert sich das Bundesministerium der Justiz für die Prävention. Der EU-Rat Justiz und Inneres hat im Jahr 2001 das Europäische Netz für Kriminalprävention (European Crime Prevention Network – EUCPN) geschaffen, in dem alle EU-Mitgliedstaaten vertreten sind. Der Vorsitz von EUCPN ist an den Vorsitz der EU-Ratspräsidentschaft gekoppelt.
Nationale Repräsentanten des EUCPN in Deutschland sind das Bundesministerium der Justiz sowie das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Die Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK) fungiert darüber hinaus als Nationale Kontaktstelle des Netzwerkes.
Das EUCPN widmet sich der Prävention sämtlicher Kriminalitätsformen, wobei das Netzwerk zum Ziel hat, die verschiedenen kriminalpräventiven Ansätze auf EU-Ebene weiterzuentwickeln. Dazu werden Informationen über bestehende Maßnahmen und bewährte Praktiken der Kriminalprävention gesammelt, analysiert und allen Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt. Dies geschieht insbesondere über die „Toolboxen“ des Netzwerkes, die über den Internetauftritt des EUCPN abgerufen werden können. Diese stellen – nach Themen sortiert und zunehmend auch in deutscher Sprache – wertvolles Hintergrundwissen und Werkzeuge für die Präventionspraxis in den Mitgliedstaaten bereit.
Jährlich wird von dem Vorsitzland des Netzwerkes eine Best Practice Conference zu einem kriminalpräventiven Thema durchgeführt. Diese Best Practice Conference dient dem Austausch und der Verbreitung von Erfahrungen und Kenntnissen über bewährte Verfahren zur Kriminalitätsverhütung und Erhöhung der Sicherheit in den EU-Mitgliedstaaten. Im Rahmen der jährlichen Konferenz werden auch die Gewinner des jährlich ausgelobten Europäischen Preises für Kriminalprävention (European Crime Prevention Award – ECPA) vorgestellt. Das Thema und der Aufruf zum Einreichen von Projektvorschlägen werden jedes Jahr im Juli bekannt gegeben. Jeder Mitgliedstaat hat die Möglichkeit, einen Projektvorschlag einzureichen. Die Auswahl des deutschen Projektbeitrages erfolgt gemeinsam durch das Bundesministerium der Justiz und das Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie in Abstimmung mit der Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention (DFK).
Deutscher Präventionstag (DPT)
Im Bereich der Kriminalprävention ist der Deutsche Präventionstag (DPT) als internationaler Kongress zu aktuellen Themen der Kriminalprävention fester Bestandteil der deutschen Präventionslandschaft. Seit 1995 finden die Tagungen jährlich in wechselnden deutschen Städten statt. Mit seiner gesamtgesellschaftlichen Ausrichtung bindet der DPT sowohl staatliche, als auch privatwirtschaftliche Akteure ein und bietet ein länderübergreifendes Forum für den notwendigen Austausch zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis.
Vereinte Nationen – Crime Congress
Auf internationaler Ebene ist das Bundesministerium für Justiz als gewähltes Mitglied in der Kommission für Verbrechensverhütung und Strafjustiz (Commission on Crime Prevention and Criminal Justice -CCPCJ) vertreten, welche im Jahr 1992 durch eine Resolution des Wirtschafts- und Sozialrats (ECOSOC) ins Leben gerufen wurde.
Die Verbrechensverhütungskommission leitet die Vereinten Nationen im Bereich der Kriminalprävention und Strafjustiz. Sie handelt durch Beschlüsse und Entscheidungen.
Die Kommission für Verbrechensverhütung und Strafjustiz ist zudem das Vorbereitungsgremium für die im 5-jährigen Turnus stattfindenden „Verbrechensverhütungskongresse“ der Vereinten Nationen. Der internationale UN Crime Congress findet seit 1995 in unterschiedlichen internationalen Austragungsorten statt, zuletzt im Jahr 2021 in Kyoto, Japan.