Mit Beschluss vom 6. Juli 2016 (XII ZB 61/16), mit Beschluss vom 8. Februar 2017 (XII ZB 604/15) sowie mit Beschluss vom 14. November 2018 (XII ZB 107/18) hat der Bundesgerichtshof (BGH) u.a. Stellung zu der Frage genommen, welche inhaltlichen Voraussetzungen an eine Patientenverfügung zu stellen sind. Der BGH führt darin aus, dass eine Patientenverfügung im Sinne des § 1901a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur dann unmittelbare Bindungswirkung entfaltet, wenn ihr konkrete Entscheidungen des Betroffenen über die Einwilligung oder Nichteinwilligung in bestimmte, noch nicht unmittelbar bevorstehende ärztliche Maßnahmen entnommen werden können. Unter Bezugnahme auf die Gesetzesbegründung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts (BT-Drucks. 16/8442, S. 15), mit welchem das Rechtsinstitut der Patientenverfügung im Betreuungsrecht verankert wurde, macht der BGH deutlich, dass die Äußerung "keine lebenserhaltenden Maßnahmen" zu wünschen, jedenfalls für sich genommen nicht die für eine wirksame Patientenverfügung erforderliche hinreichend konkrete Behandlungsentscheidung darstellt. Die insoweit erforderliche Konkretisierung kann aber im Einzelfall durch die Benennung bestimmter ärztlicher Maßnahmen oder die Bezugnahme auf ausreichend spezifizierte Krankheiten oder Behandlungssituationen erfolgen. Liegt eine solche bindende Patientenverfügung vor, ist eine Einwilligung des Betreuers bzw. Bevollmächtigten in die Maßnahme, die dem betreuungsgerichtlichen Genehmigungserfordernis unterfiele, nicht erforderlich, da der Betroffene diese Entscheidung selbst in einer alle Beteiligten bindenden Weise getroffen hat. Dem Betreuer bzw. Bevollmächtigten obliegt es in diesem Fall nach § 1901a Abs. 1 Satz 2 BGB nur noch, dem in der Patientenverfügung niedergelegten Willen des Betroffenen Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Bei Zweifeln an der Bindungswirkung der Patientenverfügung, stellt das angerufene Gericht in solchen Fällen fest, dass eine gerichtliche Genehmigung nicht erforderlich ist (sog. Negativattest). Diese Beschlüsse setzen die bisherige Rechtsprechung des BGH fort und konkretisieren sie.
Die vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) herausgegebene und ständig aktualisierte Broschüre "Patientenverfügung" informiert über die Möglichkeiten, eine Patientenverfügung zu verfassen und enthält weitere Informationen und Handreichungen für die Erstellung einer individuellen Patientenverfügung. In Übereinstimmung auch mit den Ausführungen des BGH wird in der Broschüre darauf hingewiesen, dass keine allgemeinen Formulierungen verwendet werden sollen. Vielmehr muss möglichst konkret beschrieben werden, in welchen Situationen die Patientenverfügung gelten soll und welche Behandlungswünsche der Verfasser in diesen Situationen hat (S. 18 unter 1.9). Es wird an dieser Stelle auch deutlich gemacht, dass der Verfasser genau niederlegen sollte, ob die in der Patientenverfügung konkret festgelegten Behandlungswünsche (z.B. die Durchführung oder die Ablehnung bestimmter Maßnahmen wie die künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr) in allen konkret beschriebenen Behandlungssituationen gelten sollen oder ob für verschiedene Situationen auch verschiedene Behandlungswünsche festgelegt werden sollen. Dass sich aus einer Patientenverfügung sowohl die konkrete Behandlungssituation als auch die auf diese Situation bezogenen Behandlungswünsche ergeben müssen, macht auch der Aufbau der in der Broschüre abgedruckten Textbausteine, die mit Experten erarbeitet und abgestimmt wurden, deutlich. Denn die Textbausteine, welche Formulierungshilfen zu bestimmten ärztlichen Maßnahmen enthalten, nehmen jeweils ausdrücklich Bezug auf die zuvor zu beschreibende konkrete Behandlungssituation (z.B. auf S. 25 unter 2.3.1).
Schließlich wird an verschiedenen Stellen in der Broschüre empfohlen, sich bei der Abfassung der Patientenverfügung von einer fachkundigen Person beraten zu lassen. Denn die Informationen und Handreichungen des BMJ verstehen sich lediglich als Anregung und Formulierungshilfen. Eine Patientenverfügung muss aber grundsätzlich jeder nach seinen Wertvorstellungen und Behandlungswünschen für den Fall der Entscheidungsunfähigkeit für sich selbst erstellen. Hierbei ist die Beratung durch einen Arzt oder eine andere fachkundige Person oder Organisation hilfreich, um sich selbst Klarheit über das Gewollte zu verschaffen und Wertungswidersprüche zwischen einzelnen Äußerungen und Festlegungen zu vermeiden.