Die Schiedsgerichtsbarkeit ist Teil der außergerichtlichen Streitbeilegung. In einem Schiedsverfahren entscheidet ein Dritter verbindlich über den Streit der Parteien. Die Entscheidung des Schiedsgerichts, der Schiedsspruch, bindet die Parteien wie ein Urteil eines staatlichen Gerichts.
Was ist Schiedsgerichtsbarkeit?
Es wird zwischen der Handelsschiedsgerichtsbarkeit, der Schiedsgerichtsbarkeit in sonstigen Fällen (z. B. Sport) und der Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS) unterschieden. ISDS ist ein Sonderschiedsverfahren für Investoren gegen Staaten, das seine Grundlage und seine Ausgestaltung in völkerrechtlichen Verträgen findet, meistens Investitionsförderverträgen oder Freihandelsabkommen.
Parteien können durch eine Schiedsvereinbarung bestimmen, dass ein Schiedsgericht anstelle eines staatlichen Gerichts ihren Rechtsstreit verbindlich entscheidet. Der Weg zum staatlichen Gericht ist den Parteien in diesen Fällen dann grundsätzlich verschlossen.
In einem Schiedsverfahren kann über alle Ansprüche entschieden werden, über die die Parteien einen Vergleich schließen können (§ 1030 Absatz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)).
Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit für die Parteien
Die Streitbeilegung im Wege eines Schiedsverfahrens hat für die Parteien den entscheidenden Vorteil, dass sie sich ihre Schiedsrichterin oder ihren Schiedsrichter und die Verfahrensregeln weitgehend selbst aussuchen können. Zudem kann das Schiedsverfahren, wenn die Parteien es wünschen, nicht öffentlich durchgeführt werden, so dass die Vertraulichkeit gewährleistet ist.
Die Parteien können die Verfahrensregeln entweder selbst bestimmen (ad-hoc-Schiedsverfahren) oder auf bestehende Regelwerke einer Schiedsinstitution zurückgreifen (institutionelles Schiedsverfahren).
Institutionalisierte Schiedsgerichte sind z. B. bei Industrie- und Handelskammern angesiedelt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) setzt sich aktiv für die Schiedsgerichtsbarkeit in Deutschland ein.
Die wichtigste Schiedsinstitution in Deutschland ist die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS), die nationale und internationale Verfahren in Deutschland verwaltet. Viele internationale Schiedsverfahren werden von der International Chamber of Commerce (ICC) verwaltet, die mit der ICC Germany auch in Deutschland vertreten ist.
Entscheiden sich die Parteien für ein ad-hoc-Verfahren, können sie Verfahrensregeln selbst ausgestalten oder auf bestehende Verfahrensregelungen zurückgreifen, wie z. B. die Schiedsordnung der United Nations Commission on International Trade Law (UNCITRAL). Die UNCITRAL-Schiedsordnung enthält umfassende Verfahrensregeln; sie decken alle Aspekte des Schiedsverfahrens ab. Seit 2021 stellt die UNCITRAL auch Regeln für beschleunigte Schiedsverfahren zur Verfügung (UNCITRAL Expedited Arbitration Rules). Eine Übersetzung beider Regelwerke in die deutsche Sprache finden Sie hier.
Schiedsverfahren und Durchsetzung von Schiedssprüchen in Deutschland
In den §§ 1025-1066 ZPO wird grundlegend die Zulässigkeit und Durchführung eines Schiedsverfahrens geregelt. Die Vorschriften sind überwiegend nicht zwingend und greifen nur dann ein, wenn die Parteien zu bestimmten Punkten (z. B. die Abberufung eines Schiedsrichters wegen Befangenheit) keine Regelung getroffen haben. Diese Vorschriften enthalten vereinzelt auch zwingende Verfahrensgarantien, von denen die Parteien nicht abweichen können, z. B. das rechtliche Gehör für beide Parteien eines Rechtsstreits.
Die ZPO-Regeln wurden weitgehend dem UNCITRAL-Modellgesetz über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit nachgebildet. Eine Gegenüberstellung des 10. Buches der ZPO in Deutsch und in Englisch sowie des UNCITRAL-Modellgesetzes finden Sie hier.
Inländische Schiedssprüche können von deutschen Gerichten auf Antrag einer Partei aufgehoben werden, wenn die Bestellung des Schiedsgerichts, das Verhalten der Schiedsrichter, das Schiedsverfahren oder der Schiedsspruch gravierend fehlerhaft war bzw. ist (§ 1059 ZPO). Das deutsche Recht übernimmt hier die Gründe, aus denen einem ausländischen Schiedsspruch in Deutschland die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung versagt werden kann, um beide Fälle rechtlich gleich zu behandeln.
Damit in- und ausländische Schiedssprüche in Deutschland vollstreckt werden können, müssen sie von einem deutschen Gericht zur Zwangsvollstreckung zugelassen werden (§§ 1060 ff. ZPO). Für ausländische Schiedssprüche sind die Vollstreckungsvoraussetzungen vor allem in dem New Yorker Übereinkommen vom 10.06.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (BGBl. 1961 II S. 123) oder dem Genfer Europäischen Übereinkommen vom 21.04.1961 über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (BGBl. 1964 II S. 425) festgeschrieben, zu deren Vertragsstaaten Deutschland gehört.
Schiedsstandort Deutschland
Deutschland ist ein anerkannter Standort für die Durchführung nationaler und internationaler Schiedsverfahren. Das deutsche Schiedsrecht übernimmt internationale Standards, wahrt prozessuale Schutzrechte und ist von dem Verständnis getragen, dass staatliche Gerichte und Schiedsgerichte gleichwertigen Rechtsschutz gewähren.
Die deutschen Gerichte, regelmäßig die zuständigen Oberlandesgerichte und der Bundesgerichtshof, entscheiden effektiv, schiedsfreundlich und schnell. In Aufhebungsverfahren, mit denen ein Schiedsspruch in Deutschland angefochten werden kann, beanstanden die Gerichte nur einen niedrigen einstelligen Prozentanteil aller überprüften Schiedssprüche ganz oder teilweise. Diese Aufhebungsquote ist im internationalen Vergleich äußerst gering und besonderer Ausdruck der Schiedsfreundlichkeit. Die typische Verfahrensdauer bei der Überprüfung eines Schiedsspruchs beträgt unter Berücksichtigung beider Instanzen 3,16 Monate.
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