Ein Zivilprozess kostet Geld. Kann eine Partei die Kosten für das Gericht und – wenn notwendig – für einen Rechtsanwalt nicht selber aufbringen, wird ihr die gerichtliche Durchsetzung oder Verteidigung von Rechten durch die Prozesskostenhilfe ermöglicht. Hierdurch wird sichergestellt, dass alle Bürgerinnen und Bürger einen Zugang zum Recht haben - unabhängig von Vermögen und Einkommen.
Ein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht dann,
wenn eine Partei die Kosten der Prozessführung gar nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann,
die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und
die Partei nicht von dem Prozess absehen würde, wenn sie die Kosten selber tragen müsste (fehlende Mutwilligkeit).
Vor diesem Hintergrund ist die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch dann ausgeschlossen, wenn eine Rechtsschutzversicherung oder eine andere Stelle – zum Beispiel ein Mieterverein, eine Gewerkschaft oder ein Sozialverband – die Kosten übernehmen würde. Sie wird auch dann nicht gewährt, wenn jemand anderes – zum Beispiel ein Ehegatte oder eingetragener Lebenspartner – aufgrund gesetzlicher Unterhaltspflicht für die Kosten aufkommen muss (Prozesskostenvorschuss).
Welche Kosten deckt die Prozesskostenhilfe ab? Welche Risiken bestehen dennoch?
Wird Prozesskostenhilfe bewilligt, muss die Partei für die Gerichtskosten und die Kosten des eigenen Rechtsanwalts je nach ihren finanziellen Verhältnissen gar keine Zahlungen oder nur gesetzlich festgelegte Ratenzahlungen leisten. Die Kosten der anwaltlichen Vertretung werden übernommen, wenn das Gericht einen Rechtsanwalt beiordnet, was besonders beantragt werden muss.
Wann man von den Gerichtskosten und den Kosten des eigenen Anwalts völlig befreit ist, bzw. in welchen Fällen eine Ratenzahlungsverpflichtung besteht, wird in der Broschüre „Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe” näher erläutert.
Die Prozesskostenhilfe schließt außerdem nicht jedes Kostenrisiko aus. Insbesondere erstreckt sie sich nicht auf die Kosten, die die gegnerische Partei zum Beispiel für ihren Rechtsanwalt aufwendet. Verliert eine Partei das Gerichtsverfahren, so muss sie dem Gegner diese Kosten in aller Regel auch dann erstatten, wenn ihr Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist. Eine Ausnahme gilt in der Arbeitsgerichtsbarkeit: Hier muss man in der ersten Instanz die Kosten der gegnerischen Prozessvertretung auch dann nicht erstatten, wenn man unterliegt.
Wie wirkt sich eine nachträgliche Verbesserung oder Verschlechterung der finanziellen Verhältnisse aus?
Verbessern sich die finanziellen Verhältnisse der Partei wesentlich, kann sie auch nachträglich bis zum Ablauf von vier Jahren ab Beendigung des Verfahrens zu Zahlungen herangezogen werden. Bei einer Verschlechterung ist auch die Verringerung oder der Wegfall von ursprünglich festgesetzten Raten möglich.
In diesem Zusammenhang ist die Partei während des Gerichtsverfahrens und vier Jahre über dessen Beendigung hinaus gesetzlich verpflichtet, dem Gericht wesentliche Verbesserungen der finanziellen Verhältnisse oder eine Änderung der Anschrift unaufgefordert und unverzüglich mitzuteilen. Eine Verbesserung bei laufenden Einkünften oder Aufwendungen ist dann wesentlich, wenn sie sich – nicht nur einmalig – auf mehr als 100 Euro (brutto) im Monat beläuft.
Wird gegen die Mitteilungspflicht verstoßen, kann die Bewilligung nachträglich mit der Folge aufgehoben werden, dass die gesamten Kosten nachzuzahlen sind.
Wie erhält man Prozesskostenhilfe?
Die Prozesskostenhilfe muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle bei dem Gericht beantragt werden, das für den Zivilprozess zuständig ist. In dem Antrag muss der Sachverhalt ausführlich und vollständig – einschließlich der zur Verfügung stehenden Beweismittel – dargestellt werden, damit das Gericht die vom Gesetz geforderte „hinreichende Aussicht auf Erfolg“ prüfen kann.
Dem Antrag müssen außerdem eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege in Kopie beigefügt werden. Für diese Erklärung ist das bundesweit einheitliche Formular zu verwenden:
Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe
Prozesskostenhilfe bei grenzüberschreitender Antragstellung
Rechtsgrundlage für die Bewilligung grenzüberschreitender Prozesskostenhilfe ist die Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. Nr. L 26 S. 41, ber. ABl. Nr. L 32 S. 15).
Prozesskostenhilfe für Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug kann jede natürliche Person beantragen, die im Ausland einen Rechtsstreit mit einem Unternehmen, Dienstleister, Arbeitgeber oder einer anderen Person führt und dessen Finanzmittel für eine Klage vor Gericht nicht ausreichen. Prozesskostenhilfe in Strafsachen ist nicht von der Richtlinie erfasst.
Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe kann sowohl im Aufenthaltsstaat des Antragstellers als auch im Gerichtsstaat gestellt werden. Um in Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug Prozesskostenhilfe zu erhalten, muss das entsprechende Standardformular für Anträge auf Prozesskostenhilfe ausgefüllt werden. Das Formblatt ist hier abrufbar.
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