Das Bilanzrecht ist im Wesentlichen im Dritten Buch des Handelsgesetzbuchs (HGB) geregelt (sog. Handelsbilanzrecht). Dort gibt es Vorschriften, die für alle Kaufleute gelten, und ergänzende Vorschriften für bestimmte Unternehmen. Die Vorschriften beruhen vielfach auf EU-Vorgaben. Bilanzrechtliche Vorschriften sind aber auch in anderen Gesetzen (z. B. dem Publizitätsgesetz) zu finden. Zum Bilanzrecht gehören auch die internationalen Rechnungslegungsstandards.
Handelsbilanzrechtliche Vorschriften für alle Kaufleute
Das Handelsbilanzrecht regelt in einem „Allgemeinen Teil“ (§§ 238 ff. HGB), wie der Kaufmann die Handelsbücher zu führen, wie er den Jahresabschluss aufzustellen und wie lange er diese Unterlagen aufzubewahren hat.
Jeder Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seines Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen (§ 238 Absatz 1 Satz 1 HGB).
Ferner hat jeder Kaufmann für den Schluss eines jeden Geschäftsjahres nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung Folgendes aufzustellen:
- eine Bilanz, die das Verhältnis seines Vermögens und seiner Schulden darstellt, sowie
- eine Gewinn- und Verlustrechnung, die die Aufwendungen und Erträge eines Geschäftsjahres gegenüberstellt.
Die Bilanz bildet gemeinsam mit der Gewinn-und-Verlustrechnung den sog. Jahresabschluss (§ 242 Absatz 3 HGB). Der Jahresabschluss dient der Information des Kaufmanns und seiner Gläubiger. Er ist außerdem Grundlage für die Bemessung der Ausschüttungen an die Anteilseigner sowie für die steuerliche Gewinnermittlung.
Die Pflicht zur Aufbewahrung der Handelsbücher und Jahresabschlüsse beträgt zehn Jahre (§ 257 Absatz 4 HGB).
Ergänzende handelsrechtliche Vorschriften für bestimmte Unternehmen
Ergänzende handelsbilanzrechtliche Vorschriften gelten für
- Kapitalgesellschaften und bestimmte Personenhandelsgesellschaften (§§ 264ff. HGB),
- eingetragene Genossenschaften (§§ 336ff. HGB),
- Kreditinstitute und bestimmte andere Finanzdienstleister (§§ 340ff. HGB),
- Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds (§§ 341ff. HGB),
- bestimmte Unternehmen des Rohstoffsektors (§§ 341qff. HGB) und
- bestimmte umsatzstarke multinationale Unternehmen und Konzerne (§§ 342ff. HGB).
Die ergänzenden Vorschriften enthalten weitergehende Anforderungen an Umfang und Inhalt der aufzustellenden Rechnungslegungsunterlagen, etwa die Pflicht zur Erweiterung des Jahresabschlusses um einen Anhang oder die Pflicht zur Aufstellung eines Lageberichts. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die Berichtspflichten mit der Größe des Unternehmens und seiner wirtschaftlichen Bedeutung zunehmen.
Bestimmte Konzernmutterunternehmen müssen zusätzlich zu ihrem Jahresabschluss und Lagebericht noch für den Konzern einen Konzernabschluss und Konzernlagebericht aufstellen. Insoweit werden die gesetzlichen Vorschriften durch Empfehlungen des Deutsches Rechnungslegungs Standards Committee e. V. (DRSC e.V.) zur Anwendung der Grundsätze über die Konzernrechnungslegung ergänzt. Das BMJ hat den DRSC e.V. vertraglich als privates Rechnungslegungsgremium im Sinne von § 342q HGB anerkannt.
Bilanzrechtlich „große“ kapitalmarktorientierte Unternehmen, Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen mit jeweils mehr als 500 Arbeitnehmern müssen ihren (Konzern-)Lagebericht um eine sog. nichtfinanzielle Erklärung zu bestimmten Nachhaltigkeitsaspekten wie Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange erweitern.
Bestimmte Unternehmen des Rohstoffsektors müssen einen (Konzern-)Zahlungsbericht erstellen, in dem sie Zahlungen an staatliche Stellen im Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit in der mineralgewinnenden Industrie oder mit dem Betrieb des Holzeinschlags in Primärwäldern angeben.
Bestimmte umsatzstarke multinationale Unternehmen und Konzerne sind künftig zur Berichterstattung über Ertragsteuerinformationen verpflichtet – aufgeschlüsselt nach Staaten des Europäischen Wirtschaftsraums und bestimmten weiteren Steuerhoheitsgebieten.
Die ergänzenden Vorschriften regeln ferner, in welchen Fällen Rechnungslegungsunterlagen von einem Abschlussprüfer zu prüfen sind, wie diese Prüfung zu erfolgen und wie der Abschlussprüfer über die Ergebnisse seiner Prüfung das geprüfte Unternehmen und die Öffentlichkeit zu unterrichten hat. Die Abschlussprüfung dient der Stärkung der Qualität der Rechnungslegungsunterlagen im Interesse der Anteilseigner, Gläubiger und sonstigen Stakeholder des geprüften Unternehmens. Für die Prüfung der Rechnungslegungsunterlagen von Unternehmen öffentlichen Interesses gelten vorrangig die Vorschriften der unmittelbar anwendbaren EU-Abschlussprüferverordnung (Verordnung (EU) Nr. 537/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über spezifische Anforderungen an die Abschlussprüfung bei Unternehmen von öffentlichem Interesse und zur Aufhebung des Beschlusses 2005/909/EG der Kommission).
Die ergänzenden Vorschriften enthalten schließlich auch Vorgaben zur Offenlegung der Rechnungslegungsunterlagen im Unternehmensregister. Gläubiger und sonstige Marktakteure sollen sich ein Bild von der Lage des offenlegungspflichtigen Unternehmens machen können. Auch hier liegt es grundsätzlich so, dass der Umfang der Offenlegungspflichten mit der Größe des Unternehmens zunimmt. Die Offenlegung hat grundsätzlich binnen einen Jahres zu erfolgen. Für kapitalmarktorientierte und bestimmte weitere Unternehmen gelten kürzere Fristen. Für die Durchsetzung der Offenlegungspflichten ist das Bundesamt für Justiz in Bonn zuständig.
Publizitätsgesetz
Für sehr große Unternehmen, die nicht bereits nach den handelsrechtlichen Vorschriften zur Offenlegung ihrer Rechnungslegungsunterlagen verpflichtet sind, regelt das sog. Publizitätsgesetz eine entsprechende Offenlegungspflicht.
Internationale Rechnungslegungsstandards
Gemäß Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Juli 2002 betreffend die Anwendung internationaler Rechnungslegungsstandards müssen kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen ihre Konzernabschlüsse seit 2005 nach den internationalen Rechnungslegungsstandards, den sog. International Financial Reporting Standards (IFRS), aufstellen. Diese Standards werden vom International Accounting Standards Board (IASB) mit Sitz in London verabschiedet. Sie werden auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 1606/2002 von der Europäischen Kommission in das EU-Recht übernommen. Durch die Anwendung einheitlicher internationaler Rechnungslegungsstandards soll die weltweite Vergleichbarkeit der Konzernabschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen gefördert werden.