Wir sind uns einig: Die deutsche Wirtschaft erstickt an Bürokratie. Unternehmen wurden in der Vergangenheit mit immer neuen Berichtspflichten überhäuft, alte Vorschriften wurden kaum abgebaut. Dem steten Aufbau folgt nun der stete Abbau: Wer überbordende Bürokratie bekämpfen will, kann das Problem nicht mit einem einzigen, großen Befreiungsschlag lösen. Nötig sind viele einzelne Handgriffe, viele zielgenaue Maßnahmen, um die Wirtschaft zu entlasten.
Dazu zählt das Bürokratieentlastungsgesetz IV, kurz BEG IV. Noch nie zuvor hat eine Bundesregierung systematisch Unternehmen und Verbände vor dem Entwurf eines Bürokratieabbaugesetzes befragt. Wir haben einen Nerv getroffen: 442 Vorschläge sind eingegangen. 115 davon sind in der Umsetzung oder wurden bereits umgesetzt. Bei den übrigen ist der Bund zum Teil nicht zuständig, sondern die Länder oder die EU. In anderen Fällen liegt das Problem nicht auf der Rechtsetzungsebene, sondern in der konkreten Anwendung.
Ein dringender Wunsch der Praxis waren digitale Workflows. Immer noch erschweren Medienbrüche digitales Arbeiten. Deswegen ersetzen wir in vielen Bereichen die Schriftform durch die Textform – also die händische Unterschrift auf Papier durch etwa eine E-Mail. Das gilt zum Beispiel für Arbeitsverträge, die in den meisten Fällen digital abgeschlossen werden können.
Andere Papierstapel schaffen wir ganz ab – wie Hotelmeldezettel für deutsche Staatsangehörige. Wir verkürzen die Aufbewahrungsfristen von Buchungsbelegen von zehn auf acht Jahre. Das sind viele gute Maßnahmen, die die Wirtschaft zu Recht eingefordert hat. Insgesamt entlastet unser Meseberger Bürokratieabbau-Paket die Wirtschaft um jährlich fast 3,5 Milliarden Euro. Das ist das größte Entlastungspaket, das es jemals gab.
Genauso machen wir weiter: Die Bundesregierung wird künftig jedes Jahr ein Bürokratieabbaugesetz machen, mit festen Zielen und Abbaupfaden. Wir werden die Wirtschaft auch hier in den Gesetzgebungsprozess einbinden.
Aber all das wird nicht reichen, wenn unsere Anstrengungen zum Bürokratieabbau ständig von Brüssel konterkariert werden.
Auch der diesjährige Bericht des Nationalen Normenkontrollrates (NKR) kommt zu diesem Schluss: Die Bundesregierung habe mit dem BEG IV und dem Wachstumschancengesetz deutlich Bürokratie abgebaut. Das große Aber kommt mit Blick auf Brüssel: Nach einer „Periode großen Regelungselans sehne sich Europa nach einer Verschnaufpause bei der Regulierung“. Deutschland müsse in der EU viel aktiver auf die Vermeidung unverhältnismäßiger Bürokratie drängen.
Wir Liberalen in der Regierung tun das seit drei Jahren. Wir haben uns für eine bürokratiearme Lieferketten-Richtlinie eingesetzt, die die menschenrechtliche und ökologische Situation wirklich verbessert und faire Wettbewerbsbedingungen schafft. Wir hatten dabei Unterstützung, aber nicht genug. Das Ergebnis ist zu bürokratisch und birgt unüberschaubare Haftungsrisiken. Dazu kommt die Nachhaltigkeitsberichterstattung, die von unserer Vorgängerregierung verhandelt wurde. Zur Schmerzlinderung konnten wir durchsetzen, dass Unternehmen zumindest nicht doppelt berichten müssen.
Eines muss klar sein: In dieser EU-Legislaturperiode muss es statt um Regeln und Verbote wieder um Freiheit und Wettbewerbsfähigkeit gehen. Für unsere Wirtschaft ist das überlebenswichtig. Und für unsere liberale Demokratie auch: Denn eine politische Ordnung, die den Bürgerinnen und Bürgern immer kleinteiligere Vorschriften macht und sich zugleich im Dickicht eines nicht mehr durchsetzbaren Rechts verheddert, wird keine Zukunft haben.