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Verfahrensdauer für Vorhaben mit hoher wirtschaftlicher oder infrastruktureller Bedeutung wird weiter reduziert

Gesetzentwurf zur Beschleunigung verwaltungsgerichtlicher Verfahren

Pressemitteilung Nr. 41/2022

Das Bundesministerium der Justiz hat heute einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich veröffentlicht.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Um Deutschland zügig zu modernisieren, sind schnelle Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren zentrale Voraussetzung - das haben wir bereits im Koalitionsvertrag festgehalten. In Zeiten zunehmender Energieknappheit ist die überragende Bedeutung dieses Vorhabens noch einmal besonders deutlich geworden. Der Ausbau von Gas- und Stromleitungen sowie Flüssiggasterminals hat höchste Priorität - so machen wir Deutschland auch unabhängiger von ausländischen Importen. Die Energiewende verlangt zudem den zügigen Ausbau erneuerbare Energien. Auch unser Straßen- und Schienennetz muss rasch verbessert werden.

Meinem Gesetzentwurf zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich liegen drei Leitgedanken zugrunde: Planungsbeschleunigung, Rechtssicherheit, Normenklarheit. Damit werden wir die Verfahrensdauer von Gerichtsverfahren bei besonders bedeutsamen Infrastrukturvorhaben weiter reduzieren. Die hohe Qualität verwaltungsgerichtlicher Verfahren erhalten wir dabei aufrecht. Die Planungsbeschleunigung im Verwaltungsgerichtsverfahren ist genauso dringlich wie der effektive Rechtsschutz. Wir packen das jetzt sofort an."

Verwaltungsgerichtliche Verfahren z.B. zum Ausbau potenter Gas- und Stromleitungen oder der Straßen-, Schienen- und Wassernetze können aufgrund ihrer Komplexität mitunter lange dauern. Deshalb sieht der Gesetzesentwurf ein "Vorrang- und Beschleunigungsgebot" und andere beschleunigende Maßnahmen für entsprechende Prozesse wie z.B. innerprozessuale Präklusionsvorschriften und einen frühen ersten Termin vor. Darüber hinaus soll sichergestellt werden, dass wichtige Bauprojekte nicht gänzlich durch Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz verzögert werden können. Durch das Vorhaben soll zudem die Spezialisierung und Fortbildung innerhalb der Richterschaft im Bereich des Planungsrechts weiter gefördert werden.

Der Gesetzesentwurf ist eines von mehreren im Koalitionsvertrag vorgesehenen Vorhaben zur Beschleunigung von Verwaltungs-, Planungs- und Genehmigungsverfahren bei großen Infrastrukturvorhaben. Dabei bleibt der effektive Rechtsschutz durch die Beschleunigungsmaßnahmen weiterhin vollumfänglich gewährleistet. Materiell-rechtlich wird den Klägerinnen und Klägern nichts genommen. So werden etwa Vorschriften des Arten- und Klimaschutzes, die bei solch großen Bauvorhaben stets zu beachten sind, nicht angetastet.

Die neuen Regeln schaffen Rechtssicherheit und Normenklarheit


Der Gesetzesentwurf soll sich auf diejenigen bedeutsamen Infrastrukturvorhaben beziehen, die in § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und in § 50 Absatz 1 Nummer 6 VwGO aufgeführt sind. Solche sind z.B.:

  • Anlagen für die Nutzung von Windenergie an Land mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern
  • Planfeststellungsvorhaben zu Hochspannungsleitungen, Gasversorgungsleitungen mit einem Durchmesser von mehr als 300 mm und Anbindungsleitungen von LNG-Anlagen
  • Planfeststellungen zum Anlegen, zur Erweiterung und zu Änderungen von Verkehrsflughäfen, Straßenbahnen, öffentlichen Eisenbahnen, Bundesfern- und Landstraßen, Bundeswasserstraßen usw.

Für diese Vorhaben sieht der Entwurf insbesondere folgende neue Regelungen vor:

  • Vorrang- und Beschleunigungsgebot: Dadurch kann etwa ein Verfahren über den Ausbau von Gasversorgungsleitungen gegenüber einem anderen Verfahren bei der Anberaumung eines Termins bevorzugt werden. Es ist zudem ein Erörterungstermin zwei Monate nach Eingang der Klageerwiderung vorgesehen („früher erster Termin“). Das Gericht soll in dem Termin auch den weiteren Ablauf des Verfahrens erörtern und auf eine gütliche Streitbelegung hinwirken.
  • Verschärfung der innerprozessualen Präklusion zur Straffung des Verfahrens: Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer gerichtlich gesetzten Frist vorgebracht werden, hat das Gericht zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und er zuvor über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.

Der einstweilige Rechtsschutz wird effizienter ausgestaltet. Im Einzelnen:

  • Mängel des angefochtenen Verwaltungsaktes können bei der Entscheidung über die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung vom Gericht außer Acht gelassen werden, wenn offensichtlich ist, dass diese in absehbarer Zeit behoben sein werden. Hier geht es insbesondere um (1) die Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften und (2) Mängel bei der Abwägung im Rahmen der Planfeststellung oder der Plangenehmigung.
  • Die Gerichte sollen im Rahmen einer Vollzugsfolgenabwägung die Reversibilität von Maßnahmen berücksichtigen. Dabei haben sie bei der Vollzugsfolgenabwägung die Bedeutung von Infrastrukturmaßnahmen besonders zu berücksichtigen, wenn ein Bundesgesetz feststellt, dass diese im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Dies umfasst etwa die Errichtung oder Änderung von grenzüberschreitenden Höchstspannungsleitungen, Anbindungsleitungen von Offshore-Windpark-Umspannwerken und Vorhaben für die sichere Gasversorgung wie stationär schwimmende Anlagen zur Einfuhr verflüssigten Erdgases.

Zudem enthält der Entwurf weitere Änderungen des Prozessrechts, mit denen verwaltungsgerichtliche Verfahren beschleunigt werden sollen:

  • Für Angelegenheiten des Planungsrechts sollen Planungsspruchkörper eingerichtet werden. Ergänzend wird festgeschrieben, dass die Richterinnen und Richter über Kenntnisse des Planungsrechts verfügen sollen (Änderung von § 188b VwGO).
  • Die im Gesetz zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNGG) und im Energiesicherungsgesetz (EnSiG) bereits geschaffenen erst- und letztinstanzlichen Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts werden in den Zuständigkeitskatalog von § 50 Absatz 1 VwGO aufgenommen.

Der Entwurf wurde heute an Länder und Verbände verschickt und auf unserer Homepage veröffentlicht. Die interessierten Kreise haben nun Gelegenheit, bis zum 12.09.2022 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht werden.

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