Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Der Weg für die neue Abhilfeklage ist frei! Das ist eine gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher, denn sie kommen künftig noch schneller zu ihrem Recht. Im Erfolgsfall sollen sie das ihnen zustehende Geld bereits im Rahmen der Abhilfeklage erhalten und dafür nicht noch einmal vor Gericht ziehen müssen. Die Justiz soll dadurch im Bereich der Massenverfahren spürbar entlastet werden. Sie wird außerdem davon profitieren, dass wir das bereits erprobte und bewährte Modell der Musterfeststellungsklage bei der Umsetzung der Richtlinie beibehalten und weiterentwickelt haben.
Auch die Unternehmen erhalten mit dem Entwurf die nötige Rechtssicherheit. Sie müssen sich darauf einstellen können, wie hoch die Summe der Ansprüche ist, über die in einem Verfahren verhandelt wird. Der Entwurf sieht daher angemessene zeitliche Grenzen vor, in denen man seinen Anspruch geltend machen muss.
Alles in allem schaffen wir so einen ausgeglichenen und effektiven Rechtsrahmen, der die Verbraucherrechte stärkt, die Justiz entlastet und den Unternehmen die nötige Rechtssicherheit bietet.“
Das Kernstück des Gesetzentwurfs ist das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz (VDuG). Es bündelt die bisher in der Zivilprozessordnung (ZPO) enthaltenen Regelungen über die Musterfeststellungsklage und entwickelt sie fort.
Die Einführung einer neuartigen Klageform – die Abhilfeklage – stärkt die Verbraucherrechte und soll die Justiz entlasten. Sie erlaubt Verbraucherverbänden, gleichartige Leistungsansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen ein Unternehmen unmittelbar gerichtlich einzuklagen. Dieses neue Instrument kann beispielsweise bei Entschädigungsansprüchen wegen der Annullierung desselben Fluges oder bei Zinsnachzahlungsansprüchen wegen einer massenhaft verwendeten unwirksamen Vertragsklausel eines Geldinstituts zur Anwendung kommen.
Um Klagen unseriöser Verbände zu verhindern, sind besonders qualifizierte Einrichtungen zur Klage berechtigt, auch aus anderen Mitgliedstaaten der EU. Dabei müssen die Verbände Ansprüche von mindestens 50 Betroffenen vertreten. Verbraucherinnen und Verbraucher können ihre Ansprüche, auf die sich die jeweilige Abhilfeklage bezieht, in einem Verbandsklageregister anmelden. Sie müssen also nicht selbst klagen und profitieren unmittelbar von dem Verfahren: Ihnen zustehende Beträge werden im Erfolgsfall von einem Sachwalter direkt an sie ausgezahlt.
Kleine Unternehmen werden im Gesetzentwurf Verbraucherinnen und Verbrauchern gleichgestellt, d. h. auch sie profitieren von der Abhilfeklage. Mit dem Entwurf wird zugleich die Justiz gestärkt, da sie von massenhaften Einzelklagen entlastet wird.
Der Entwurf sieht darüber hinaus folgende Regelungen vor:
- Die Bestimmungen der Verbandsklagenrichtlinie, die auf Unterlassungsentscheidungen gerichtet sind, werden im Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) und im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) umgesetzt.
- Der Entwurf enthält zudem Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch. Künftig werden einstweilige Verfügungen und Klagen von qualifizierten Verbraucherverbänden und qualifizierten Einrichtungen, mit denen Unterlassungsansprüche nach dem UKlaG oder nach dem UWG durchgesetzt werden, verjährungshemmende Wirkung für Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern haben.
- Flankierend zur Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie sieht der Entwurf Regelungen vor, durch welche die Durchsetzung des Gewinnabschöpfungsanspruchs nach § 10 UWG erleichtert werden soll.
- Außerdem sieht der Entwurf eine Regelung zur Entlastung von mit Massenverfahren befassten Gerichten vor. Die in § 148 ZPO vorgesehenen Aussetzungsmöglichkeiten werden erweitert, um zeitraubende parallele Sachverständigenbegutachtungen zu identischen Fragestellungen zu vermeiden und die Verfahren dadurch effizienter führen zu können.
Die gesetzlichen Regelungen zur Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie müssen am 25. Juni 2023 in Kraft treten.
Den Regierungsentwurf finden Sie hier.