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Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen:

Schwerpunktthema: Pressemitteilung

Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf

Pressemitteilung Nr. 35/2024

Die Bundesregierung hat heute den Entwurf eines Gesetzes zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen beschlossen. Das vorgeschlagene Gesetz betrifft Ehen, bei denen mindestens eine der beteiligten Personen bei Eheschließung noch nicht 16 Jahre alt war. Solche Ehen sollen in Deutschland auch künftig unwirksam sein. Das soll auch dann gelten, wenn sie im Ausland nach dem dort geltenden Recht wirksam geschlossen wurden. Um die Beteiligten einer solchen unwirksamen Ehe besser zu schützen, sollen Unterhaltsansprüche für die bei Eheschließung noch nicht 16 Jahre alte Person geregelt werden sowie Regelungen über die Heilung der unwirksamen Ehe getroffen werden. Eine Neuregelung ist notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht im letzten Jahr entschieden hat, dass das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen aus dem Jahr 2017 mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Das Gericht hat dem Gesetzgeber aufgegeben, bis zum 30. Juni 2024 eine Neuregelung zu treffen. Damit diese Frist eingehalten werden kann, soll der Gesetzentwurf den Koalitionsfraktionen im Deutschen Bundestag als sog. Formulierungshilfe zur Verfügung gestellt werden. So kann er zügiger in den Bundestag eingebracht werden.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt hierzu:

„Eheschließungen von Minderjährigen widersprechen unserer liberalen Werteordnung. Das deutsche Recht wird dies auch künftig klar zum Ausdruck bringen. Wir halten am Verbot von Minderjährigenehen in Deutschland fest. Wir akzeptieren keine im Ausland geschlossenen Minderjährigenehen, wenn auch nur einer der Beteiligten bei Eheschließung noch nicht 16 Jahre alt war. Zugleich schützen wir Betroffene besser vor den Folgen einer Unwirksamkeit ihrer Ehe. Wir treffen neue Regeln zu Unterhaltsansprüchen und zur Heilung unwirksamer Ehen. Das Bundesverfassungsgericht hat dies aus guten Gründen angemahnt. Das von 2017 stammende, geltende Recht verletzt Grundrechte. Wir wollen diesen Verfassungsverstoß beseitigen - ohne das Verbot von Minderjährigenehen aufzuweichen.“

Das Gesetz zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen soll dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 1. Februar 2023 (1 BvL 7/18) Rechnung tragen. Der Beschluss betraf das Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen vom 17. Juli 2017 bzw. den durch dieses Gesetz eingeführten Artikel 13 Absatz 3 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB). Nach dieser Norm ist eine Ehe in Deutschland kraft Gesetzes unwirksam, wenn einer der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung noch keine 16 Jahre alt war.

Das BVerfG hat entschieden, dass Artikel 13 Absatz 3 Nummer 1 EGBGB in seiner gegenwärtigen Fassung mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Zwar steht es dem Gesetzgeber nach der Entscheidung des BVerfG frei, anzuordnen, dass im Ausland geschlossene Minderjährigenehen im Inland unwirksam sind. Allerdings bedarf es in diesem Fall zum einen Regelungen über die Folgen der Unwirksamkeit, wie etwa Unterhaltsansprüchen. Zum anderen muss den Beteiligten eine Möglichkeit offenstehen, die Ehe nach Erreichen der Volljährigkeit auch nach deutschem Recht als wirksame Ehe führen zu können. Die Unvereinbarkeit von Artikel 13 Absatz 3 Nummer 1 EGBGB mit dem Grundgesetz beruht auf dem Fehlen entsprechender Regelungen.

Mit dem vorgeschlagenen Gesetz zum Schutz von Minderjährigen bei Auslandsehen sollen die verfassungsrechtlichen Mängel des geltenden Rechts behoben werden. Für Minderjährigenehen soll künftig Folgendes gelten.

  1. Wie bisher: Verbot von Minderjährigenehen
    Auch künftig soll gelten: Eine Ehe unter Beteiligung einer Person, die bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, ist nach deutschem Recht unwirksam. Das soll - wie bisher - auch dann gelten, wenn die Ehe von ausländischen Staatsangehörigen im Ausland nach dem dort geltenden Recht wirksam geschlossen wurde. Die Unwirksamkeit der Auslandsehe in Deutschland soll - wie bisher - auch nicht voraussetzen, dass eine Behörde oder ein Gericht die Unwirksamkeit aussprechen. Für Ehen unter Beteiligung von Minderjährigen, die bei der Eheschließung mindestens 16 Jahre alt waren, bleibt es bei der derzeitigen Rechtslage: Diese Ehen sind auch nach deutschem Recht wirksam; sie können jedoch durch richterliche Entscheidung aufgehoben werden (vgl. § 1313 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch).

  2. Neu: Unterhaltsansprüche bei unwirksamer Minderjährigenehe
    Ist eine Ehe nach deutschem Recht unwirksam, weil lediglich eine der beteiligten Personen bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, so soll diese Person künftig Unterhaltsansprüche gegen die andere Person geltend machen können. Zu diesem Zweck soll das differenzierte System der bestehenden gesetzlichen Vorschriften über eheliche und nacheheliche Unterhaltsansprüche für entsprechend anwendbar erklärt werden. Die Person, die bei der Eheschließung noch nicht 16 Jahre alt war, soll hingegen nicht selbst zur Zahlung von Unterhalt herangezogen werden können.

  3. Neu: Möglichkeit der Heilung einer unwirksamen Minderjährigenehe durch erneute Eheschließung nach Eintritt der Volljährigkeit
    Ist eine Ehe nach deutschem Recht unwirksam, weil eine der beteiligten Personen bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, soll dieser Ehemangel künftig nach Eintritt der Volljährigkeit dieser Person geheilt werden können. Für die Heilung soll es nicht ausreichen, dass die beiden Personen weiterhin wie in einer ehelichen Lebensgemeinschaft zusammenleben. Die Heilung soll eine erneute Eheschließung im Inland voraussetzen. Das sonst bei der Heirat von ausländischen Personen erforderliche Ehefähigkeitszeugnis wird dafür nicht erforderlich sein. Nach der erneuten Eheschließung soll die Ehe so behandelt werden, als sei sie bereits am Tag der unwirksamen ersten Eheschließung wirksam geworden.

Der Gesetzesentwurf und die Synopse sind hier abrufbar.

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