Geografische Angaben betreffen den Namen von Erzeugnissen mit Ursprung in einem bestimmten räumlichen Gebiet, deren Eigenschaften oder Ansehen auf diesen besonderen Ursprung zurückzuführen sind. Derzeit gibt es in Deutschland umfangreiche Regelungen zum Schutz geografischer Angaben bei Agrarerzeugnissen, aber keine übergreifende gesetzliche Regelung zum Schutz geografischer Angaben bei handwerklichen und industriellen Erzeugnissen. Diesbezüglich existieren derzeit lediglich zwei auf das Markengesetz gestützte Verordnungen zum Schutz des Namens Solingen („Solinger Messer“) sowie der geografischen Herkunftsangabe Glashütte („Glashütte Uhren“). Durch das neu geschaffene Rechtsinstrument soll insbesondere die Anmeldung neuer geografischer Angaben erleichtert werden.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt hierzu:
„Jede und jeder kennt den „Schwarzwälder Schinken“ oder die „Thüringer Rostbratwurst“. Die Begriffe sind Qualitätsmerkmal und Verkaufsargument. Aber nicht nur im Agrar- und Lebensmittelbereich gibt es Produkte, die vor allem aufgrund ihrer regionalen Herkunft besonders geschätzt werden, Gerade handwerkliche und industrielle Erzeugnisse aus Deutschland zeichnen sich durch besondere Wertigkeit und Beliebtheit aus, weil sie in einer bestimmten Region hergestellt werden. Durch die neuen Regelungen sorgen wir dafür, dass auch die Erzeuger handwerklicher und industrieller Produkte diese regionale Herkunft besser schützen und als Wettbewerbsvorteil nutzen können. Mit der Umsetzung der europäischen Vorgaben stärken wir die regionale Wirtschaft in Deutschland.“
Der Schutz geografischer Angaben für Agrarerzeugnisse sowie für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse wurde auf europäischer Ebene umfassend reformiert und erweitert. Erstmalig unionsrechtlich geregelt wurde der Schutz geografischer Angaben für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse (sog. CIGIs, craft and industrial geografical indications). Parallel wurde das System für den Schutz geografischer Angaben für landwirtschaftliche Erzeugnisse einschließlich Wein und Spirituosen (sog. AGRI-GIs) umfassend reformiert und in einer neuen Verordnung vereinheitlicht.
Der Gesetzentwurf enthält die notwendigen Durchführungsregelungen für den Schutz der geografischen Angaben für handwerkliche und industrielle Erzeugnisse. Dieser Teil fällt in die federführende Zuständigkeit des Bundeministeriums der Justiz. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft wird darüber hinaus die notwendigen Regelungen für die Reform des Schutzes geografischer Angaben im Agrarbereich erarbeiten. Nach der jeweiligen Länder- und Verbändebeteiligung sollen die beiden Entwürfe zusammengeführt und gemeinsam, als einheitlicher Entwurf, ins Kabinett eingebracht werden.
Konkret sieht der Gesetzesentwurf folgende Regelungen vor:
- Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) soll das Verfahren zur Eintragung von geografischen Angaben in das vom Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (EUIPO) zu führende Register durchführen. Für Beschwerden gegen Entscheidungen des DPMA wird das Bundespatentgericht zuständig sein. Die Verfahrensvorschriften zu den CIGIs ähneln den bestehenden Vorschriften zu AGRI-GIs: Insbesondere werden die zuständigen Fachministerien, Kammern und Wirtschaftsverbände und -organisationen am Verfahren beteiligt. Nach positiver Prüfung wird das DPMA die Anträge an das EUIPO übermitteln, das die Anträge überprüft und die Eintragung vornimmt. Seine Zuständigkeit für AGRI-GIs wird das DPMA perspektivisch an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung abgeben.
- CIGIs sollen in Zukunft umfassend privatrechtlich geschützt werden: Der Gesetzentwurf sieht daher Anspruchsgrundlagen für Beseitigungs-, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche vor. Zusätzlich werden die widerrechtliche Verwendung, Nachahmung oder Aneignung einer CIGI bußgeldbewehrt.
- Zum Schutz eingetragener CIGIs sind Kontrollen durch die zuständigen Landesbehörden vorgesehen, die auf den bestehenden Strukturen für die Kontrolle von Agrarerzeugnissen aufbauen. Die Regelungen des Gesetzentwurfs statten die Behörden der Länder mit den erforderlichen Befugnissen aus, z.B. um Geschäftsräume zu betreten oder widerrechtliche Kennzeichnungen zu entfernen. Insbesondere für eine effektive Überwachung des Online-Handels werden die Landesbehörden ermächtigt, Erzeugnisse verdeckt zu erwerben (sog. „Mystery Shopping“).
- Flankiert wird die behördliche Überwachung des Online-Handels durch die unionsrechtliche Klarstellung, dass sämtliche Angebote, die gegen den Schutz geographischer Angaben verstoßen, rechtswidrige Inhalte im Sinne des Digital Services Act (DSA) darstellen. Hierdurch werden mittelbar auch Online-Plattformen in die Verantwortung für den Schutz geografischer Angaben einbezogen, beispielsweise durch die Verpflichtung, ein wirksames Melde- und Abhilfeverfahrens für rechtswidrige Angebote vorzuhalten. Ab Kenntnis von einem rechtswidrigen Angebot kommt auch eine Haftung der Plattformanbieter in Betracht.
Der Referentenentwurf wurde heute an die Länder und Verbände versendet und auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht. Die interessierten Kreise sowie alle Bürgerinnen und Bürger haben nun Gelegenheit, bis zum 13. September 2024 Stellung zu nehmen. Die Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJ veröffentlicht.
Den Referentenentwurf finden sie hier.