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Mehr Entschädigung für letztlich zu Unrecht Inhaftierte: Bundesregierung beschließt Gesetzentwurf

Schwerpunktthema: Pressemitteilung

Wer im Rahmen der Strafverfolgung in Deutschland letztlich zu Unrecht inhaftiert wurde, soll künftig eine höhere Entschädigung erhalten. Das betrifft Fälle, in denen das Verfahren eingestellt wird oder mit einem Freispruch endet oder eine zunächst erfolgte Verurteilung in einem Wiederaufnahmeverfahren aufgehoben wird.

Pressemitteilung Nr. 100/2024

Für jeden Tag einer letztlich zu Unrecht erlittenen Haft sollen Betroffene künftig 100 Euro erhalten statt 75 Euro. Ab einer Haftdauer von sechs Monaten soll die Haftentschädigungs­pauschale künftig 200 Euro pro Tag betragen. Das sieht ein Gesetzentwurf des Bundesministers der Justiz vor, den die Bundesregierung heute beschlossen hat. Der Gesetzentwurf zur Reform des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen und zur Änderung weiterer Gesetze sieht daneben noch weitere Verbesserungen für Betroffene vor. So soll insbesondere eine kostenlose anwaltliche Erstberatung ermöglicht werden und das Entschädigungs­verfahren erleichtert werden.

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt dazu:
„Auch in einem leistungsfähigen Rechtsstaat kommt es vor, dass Menschen letztlich zu Unrecht inhaftiert werden. Es ist ein Gebot der Gerechtigkeit, dass Betroffene eine angemessene Entschädigung erhalten. Das geltende Recht wird diesem Anspruch nicht mehr gerecht: Die Entschädigungssummen sind zu niedrig, vor allem in Fällen längerer Haft. Aktuell erhalten Betroffene im Entschädigungsverfahren zu wenig Unterstützung. Wir werden das ändern. Unsere Gesetzesreform wird dafür sorgen, dass Betroffene eine höhere Entschädigung erhalten. Außerdem werden Betroffene besser unterstützt, wenn sie ihre Rechte wahrnehmen. Dazu werden wir einen Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung einführen."

Der Gesetzentwurf sieht im Wesentlichen Änderungen des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen vor. Ziel ist es, Personen, denen eine Entschädigung nach diesem Gesetz zusteht, materiell besserzustellen und zu unterstützen. Dies betrifft vor allem Personen, die auf Grund der Entscheidung eines Gerichts letztlich zu Unrecht in Haft saßen. Gleichzeitig soll mit dem Entwurf das Entschädigungsverfahren vereinfacht und die Rehabilitierung der Betroffenen verbessert werden. Dazu sind auch Änderungen im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz und in der Strafprozess­ordnung vorgesehen.

Im Einzelnen sind folgende Änderungen hervorzuheben:

  • Höhere Entschädigung bei Haft

    Der Betrag, der Betroffenen für jeden Tag der letztlich zu Unrecht erlittenen Untersuchungs- oder Strafhaft zusteht (sogenannte Haftentschädigungspauschale), soll von 75 Euro auf 100 Euro erhöht werden. Ab einer Haftdauer von sechs Monaten soll der Betrag auf 200 Euro steigen. Mit zunehmender Dauer der Freiheitsentziehung nehmen vielfach die Auswirkungen auf die Betroffenen zu (z. B. durch den Verlust von Arbeitsplatz, Wohnung oder persönlichen Kontakten), so dass ihre psychische Belastung steigt. Dies soll mit der deutlichen Erhöhung berücksichtigt werden.

  • Anspruch auf kostenlose anwaltliche Erstberatung

    Betroffene sollen zukünftig einen Anspruch auf eine kostenlose anwaltliche Erstberatung haben. Bei dieser Beratung soll geklärt werden, ob die betroffene Person über die Haftentschädigung hinausgehende Ersatz­ansprüche geltend machen kann. Dazu kann auch die Frage gehören, ob den Betroffenen für die Vertretung im weiteren Verfahren Unterstützung zusteht (sogenannte Beratungshilfe). Für die Kosten dieser anwaltlichen Erstberatung soll der Staat aufkommen. Hierfür soll im Rechtsanwalts­vergütungsgesetz ein Vergütungsanspruch der Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte unmittelbar gegen die Staatskasse eingeführt werden.

  • Erleichterungen im Entschädigungsverfahren

    Betroffene sollen zukünftig mehr Zeit haben, ihre Entschädigungsansprüche geltend zu machen. Dazu sollen die bisher im Gesetz vorgesehenen Antrags- und Klagefristen verlängert werden. Zukünftig sollen Betroffene beispielsweise zwei Monate Zeit haben, eine gerichtliche Entscheidung über die Entschädigungspflicht zu beantragen. Für den Antrag auf die Entscheidung über den konkreten Entschädigungsbetrag sollen Betroffene künftig bis zu einem Jahr Zeit haben.
  • Bessere Rehabilitierung durch öffentliche Bekanntmachung

    Betroffene, die sich erfolgreich gegen eine frühere Verurteilung gewandt haben, sollen zukünftig auch nach durchgeführter Hauptverhandlung die öffentliche Bekanntmachung der Aufhebung des früheren Urteils verlangen können. Die Bekanntmachung soll im Bundesanzeiger und nach dem Ermessen des Gerichts auch auf andere geeignete Weise erfolgen. Hierfür ist eine Änderung der Strafprozessordnung vorgesehen. Die Bekanntmachung soll zur Rehabilitierung der Betroffenen beitragen und sie öffentlich von dem Makel einer Verurteilung befreien.

Der heute vom Bundeskabinett beschlossene Regierungsentwurf wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.

Den Regierungsentwurf sowie ein Informationspapier finden Sie hier.

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