Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer!
Die Fortschrittskoalition steht für eine bessere Coronapolitik.
Sie ist transparenter, sie ist parlamentarischer, sie stärkt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Grundrechte. - Das ist das Fazit, das der Staatsrechtler Oliver Lepsius vor wenigen Tagen in der Tageszeitung „Die Welt“ gezogen hat. Dem ist nichts hinzuzufügen; denn das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Wir haben die epidemische Lage von nationaler Tragweite beendet, noch bevor wir eine Regierung gebildet haben, und wir haben im Frühjahr dieses Jahres fast alle Coronaschutzmaßnahmen beendet. Das war damals sehr umstritten - wir sind Gegenstand von intensiver Kritik gewesen -, aber mit dem Wissen von heute können wir sagen, dass es richtig war; denn wir sind gut durchs Frühjahr und gut durch den Sommer gekommen. Ich bleibe dabei: Wenn es nicht nötig ist, in Grundrechte einzugreifen, dann ist es nötig, nicht in Grundrechte einzugreifen, meine Damen und Herren.
Aber wenn - das gehört zu einer rationalen Politik eben genauso dazu - uns eine breite Gruppe an Experten - fast alle seriösen Experten - sagt, dass man auch in diesem Winter, obwohl man es nicht sicher sagen kann, mit einer Verschärfung der Lage rechnen muss, dann sind wir es schuldig, den Staat handlungsfähig zu machen, und zwar auch in Abwägung mit Verhältnismäßigkeit und Grundrechten. Genau das leistet dieser Gesetzentwurf, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Weil es dazu so viele Falschbehauptungen und auch Missverständnisse gibt, will ich zu einzelnen Punkten ein paar Anmerkungen machen, um hier für Klarheit zu sorgen. Wir beschließen heute über § 28b des Infektionsschutzgesetzes. Der enthält keine Lockdowns, keine Betriebsschließungen, keine Schulschließungen, keine Demonstrationsverbote. Egal wie häufig man es auf Twitter behauptet: Es bleibt eine Lüge, meine Damen und Herren.
Wenn Leute auf den alten § 28a verweisen, will ich den Hinweis geben: Das ist die alte epidemische Lage von nationaler Tragweite; die hat diese Koalition abgeschaltet. Es müsste sich schon die Hölle unter uns auftun, bis wir diesen Paragrafen anfassen.
Das haben wir nicht mal in der schweren Deltawelle im letzten Winter getan; das bitte ich einfach mal zur Kenntnis zu nehmen.
Lieber Herr Kollege Sorge, ich finde es ja gut, dass Sie sich für das Maßhalten bei Coronaschutzmaßnahmen einsetzen, aber sagen Sie das mal bitte Ihren Ministerpräsidenten: Das Bundesland Bayern, das Bundesland Hessen und das mittlerweile leider schwarz-grüne Bundesland Nordrhein-Westfalen haben nach Kontaktbeschränkungen und 2-G-, 3-G-Zugangsbeschränkungen gerufen. All das machen wir nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Ich will noch einen Hinweis geben, weil ich immer wieder von „bundeseinheitlichen Maskenpflichten in Innenräumen“ lese. Wenn die Lage es gebietet, können Bundesländer - wenn die Lage das gebieten würde, würden es wahrscheinlich auch alle tun - zu so einem Instrument greifen. Aber das Einzige, was der Bundesgesetzgeber bundeseinheitlich qualitativ an zusätzlichen Maßnahmen anordnet, das ist ein höherer Sicherheitsstandard in Krankenhäusern, Altenpflegeheimen und ambulanten Pflegeeinrichtungen. Ich will mal eins sagen: Dort leben besonders viele alte, vulnerable und schutzbedürftige Menschen. Die haben wir in den vergangenen Coronawellen als Staat häufig im Stich gelassen, und es ist keine übermäßige Belastung, wenn wir unsere betagten, kranken und alten Eltern und Großeltern vor Tod und Krankheit schützen wollen. Es ist eine verhältnismäßige, vernünftige Maßnahme.
Ich will auch eins sagen: Im Gesetz stehen Ermächtigungsgrundlagen für die Länder. Damit können die Länder je nach Lage verantwortungsbewusst umgehen. Es muss kein Land, wenn es der Meinung ist, etwas tun zu müssen, die Maske überall anwenden, sondern es kann je nach Lage entscheiden. Man kann das in Behörden machen, man kann auch Bereiche rausnehmen. Warum tun wir das? Weil die Länder über zwei Jahre konkrete Pandemiebekämpfungserfahrung haben. Wer, wenn nicht die Länder vor Ort, kann denn besser wissen, ob man die Gastro rein- oder rausnehmen soll, ob man die Hochschulen rein- oder rausnehmen soll? Das ist vernünftig. Gefahrenabwehr ist im deutschen Föderalismus immer Ländersache gewesen, meine Damen und Herren.
Noch eine Bemerkung zur Schule: Da haben wir am intensivsten miteinander diskutiert. Denn eins ist doch klar: Wenn es eine Gruppe gibt, die besonders gelitten hat in den letzten Jahren, dann waren es die Schülerinnen und Schüler in diesem Land. Deshalb war uns das Recht auf Bildung so besonders wichtig. Ich will mal das, was im Gesetz steht, übersetzen. Dort steht im Grundsatz: Es findet Präsenzunterricht ohne Maske statt. Von diesem Grundsatz gibt es für die jungen Schüler in der Grundschule keine Ausnahme. Und wenn man für die älteren Schüler eine Ausnahme machen will, dann nur, weil die Alternative wäre, dass kein Präsenzunterricht mehr stattfindet. Ich muss sagen: Es ist doch besser, wenn Schülerinnen und Schüler mit der medizinischen Maske Präsenzunterricht erhalten, als wenn wir sie massenweise nach Hause schicken müssen. Das ist doch vernünftig, meine Damen und Herren!
Ich komme zum Schluss. Wir können natürlich nicht ewig weitermachen mit dem An- und Abschalten von Maßnahmen. Natürlich wird Corona ab einem bestimmten Zeitpunkt zum allgemeinen Lebensrisiko gehören, ob uns das gefällt oder nicht.
Meine persönliche Hoffnung ist, dass dies der letzte Winter mit Coronaschutzmaßnahmen war.
Herzlichen Dank.