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Rede anlässlich der Ersten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich

Rede von Dr. Marco Buschmann, Bundesminister der Justiz, anlässlich der Ersten Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Beschleunigung von verwaltungsgerichtlichen Verfahren im Infrastrukturbereich am 19. Januar 2023 im Deutschen Bundestag

Rede


Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer! Wir haben viel vor in diesem Land. Wenn wir die Energiewende schaffen wollen, dann brauchen wir neue Stromtrassen, smartere Netze. Wenn die Dekarbonisierung der deutschen Industrie gelingen soll, dann brauchen wir jede Menge neue Pipelines für Wasserstoff, für Ammoniak. Wenn wir eine moderne Volkswirtschaft bleiben wollen, dann brauchen wir natürlich Maßnahmen, um unsere leider viel zu marode Infrastruktur zu modernisieren. Wir müssen Straßen, wir müssen Brücken und die Schiene ertüchtigen.

All das hat eine Voraussetzung, nämlich zum Teil sehr komplexe und langwierige Planungs- und Genehmigungsverfahren. Auch im internationalen Vergleich müssen wir sagen: Die dauern zu lange. Die Zukunft wartet nicht auf uns. Wir brauchen hier mehr Geschwindigkeit. Deutschland braucht mehr Tempo bei Planung und Genehmigung, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

Die gute Nachricht ist: Das können wir auch. Wir haben das schon einmal gezeigt. In Anbetracht der Herausforderungen einer drohenden Gasmangellage haben wir bei den LNG-Terminals gezeigt, dass wir komplexe Planungsverfahren und sogar die Umsetzung in ganz kurzer Zeit schaffen können. Meine Damen und Herren, das ist ein Erfolg, auf den dieses Land stolz sein kann. Ich finde, das kann man an dieser Stelle noch einmal sagen: Wir sind stolz auf diese große Leistung, die das Land vollbracht hat.

Das Falscheste, was man jetzt tun kann, das wäre, diesen Erfolg gewissermaßen unter einen Glaskasten zu setzen, ins Museum zu stellen, ihn ehrfürchtig zu bewundern und damit gedanklich abzuhaken. Vielmehr muss dieser Erfolg doch jetzt der Prototyp sein; das Tempo bei LNG muss die neue Richtgeschwindigkeit in Deutschland bei Planung und Genehmigung sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das kann man nicht allein mit einer Maßnahme machen. Wir machen heute den ersten Schritt. Wir machen Ihnen Vorschläge für eine Novelle der Verwaltungsgerichtsordnung, weil all diese komplexen Planungs- und Genehmigungsverfahren regelmäßig vor Gerichten landen. Wir haben eine ganze Reihe von Vorschlägen, wie wir auch hier Tempo zulegen können.

Wir wollen den Gerichten die Möglichkeit geben, herausragend wichtige Projekte zu priorisieren, um dort schneller zu Entscheidungen zu kommen. Wir wollen den Gerichten auch die Möglichkeit geben, zu beschleunigen, wenn offenkundig kleinere Mängel vorliegen, die selbstverständlich beseitigt werden. Es kann doch nicht sein, dass man da immer wieder bei null anfängt, sondern da muss man auch schneller vorankommen, Stichwort bessere Heilungsmöglichkeiten für solche Fehler.

Wir wollen künftig einen ersten frühen Termin ermöglichen. Darauf haben sich die Koalitionsfraktionen bzw. die Parteien, die dahinterstehen, im Koalitionsvertrag geeinigt. Der Hintergrund ist natürlich, die Verhandlung früh gut zu strukturieren und auch die Möglichkeiten für eine gütliche Einigung auszuloten, um den Prozess sozusagen nicht bis zum bitteren Ende führen zu müssen.

Wir wollen bei den Gerichten auch die Möglichkeit einräumen, dass man, wenn eine Maßnahme reversibel ist - sprich: sie kann, wenn sich herausstellen sollte, dass sie nicht in Ordnung ist, zu 100 Prozent zurückgeführt werden -, schon einmal, weil das Risiko eines bleibenden Schadens überschaubar ist, beginnen kann, auch wenn die endgültige Entscheidung noch nicht da ist.

Wir wollen beispielsweise dafür sorgen, dass die klägerische Seite ihre Argumente bitte alle sofort auf den Tisch legt. Es soll nicht so sein, dass die Argumente nur scheibchenweise vorgetragen werden, also erst einmal ein Argument und dann verhandelt man, und hat man das Problem gelöst, dann kommt die Klägerseite und sagt: Ah, ich habe noch ein Argument und noch ein Argument. - Vielmehr soll gelten: Jeder soll alles vortragen können, aber jeder soll seine Argumente sofort auf den Tisch legen. Fachleute sprechen hier von prozessualer Präklusion. Es ist ein echter Fortschritt, dass wir das jetzt möglich machen.

Wir wollen Expertise bündeln, um sozusagen auch durch Spezialisierung Tempo zu gewinnen. Meine Damen und Herren, ich habe mich sehr gefreut, dass die vielen sachkundigen Kreise, die sich im Vorfeld dieser Beratungen mit diesen Vorschlägen befasst haben - unter anderem der Deutsche Städtetag, der Deutsche Industrie- und Handelskammertag, der Deutsche Landkreistag, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft und der Bundesverband WindEnergie -, alle diese Vorschläge begrüßen und sie für gut geeignet halten, dass wir das schaffen, was wir brauchen, nämlich mehr Tempo in Deutschland.

Deshalb möchte ich eines sagen: Mit diesem Gesetz allein erreichen wir das große Ziel natürlich noch nicht - das behauptet hier auch niemand -, aber auch ein langer Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Diesen gehen wir heute. Darüber freue ich mich. Ich freue mich vor allem über zügige und konstruktive Debatten im Parlament über diesen Vorschlag der Bundesregierung.

Herzlichen Dank.

‒ Es gilt das gesprochene Wort! ‒

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