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Rede zur ersten Lesung des Entwurfs für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz im Deutschen Bundestag

Rede des Bundesministers der Justiz, Dr. Marco Buschmann, zur ersten Lesung des Entwurfs für ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz im Deutschen Bundestag am 17. Mai 2024

Rede


Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Liebe Zuschauerinnen, liebe Zuschauer! Deutschland leidet unter einem Bürokratie-Burnout. Bürger, Betriebe, ja, selbst Behörden sind so erschöpft von immer mehr Gesetzen und Verordnungen, dass sie sich immer weniger um Innovation, Digitalisierung und andere Fragen kümmern können. In Zeiten knapper Fachkräfte müssen sie mehr und mehr personelle Ressourcen von produktiven Tätigkeiten abziehen und stattdessen für die Befriedigung bürokratischer Anforderungen einsetzen. Das schadet unserem Land. Diesen Trend müssen wir deshalb stoppen und umkehren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Das Bundeskabinett hat daher bei seiner Klausurtagung in Meseberg im Sommer letzten Jahres ein Bürokratieabbauprogramm beschlossen. Es umfasst eine ganze Reihe von Maßnahmen. Dazu gehören das Wachstumschancengesetz, die Anhebung der Bilanzschwellenwerte und eben das Bürokratieentlastungsgesetz IV, das wir heute beraten. Dieses Paket führt zu einer jährlichen Entlastung unserer Unternehmen von einem Erfüllungsaufwand von mehr als 3 Milliarden Euro. Das ist fast dreimal so viel wie das bislang größte Programm zum Abbau von Bürokratie, das je von einer Bundesregierung umgesetzt wurde. Hierdurch sinkt der sogenannte Bürokratiekostenindex auf ein Allzeittief. Ich denke, hier werden auch kritische Stimmen zugestehen müssen, dass das ein Schritt in die richtige Richtung ist, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das Bürokratieentlastungsgesetz IV widmet sich insbesondere dem Kampf gegen die Zettelwirtschaft. Das möchte ich an drei Beispielen belegen. Wir schaffen etwa die Hotelmeldepflicht weitgehend ab. Das bedeutet 90 Millionen Meldezettel im Jahr weniger, das ist eine Entlastung für Gäste und Hotelbetreiber gleichermaßen, meine sehr geehrten Damen und Herren. Arbeitsverträge können künftig in den meisten Fällen digital geschlossen werden, und Buchungsbelege müssen weniger lang aufbewahrt werden. Weniger Zettel, mehr Wirtschaft: Das ist sicherlich genau die richtige Botschaft, gerade für die vielen kleineren und mittleren Unternehmen in unserem Land.

Ich möchte mich an dieser Stelle bei den vielen Unternehmen und Verbänden bedanken, die an der Vorbereitung des BEG IV mitgewirkt haben. Dafür haben wir nämlich eine digitale Konsultation durchgeführt. Über 400 Vorschläge sind eingegangen. 386 waren auch so konkret, dass wir sie prüfen konnten. Nicht alle betrafen das Bundesrecht, aber wir haben etwa 120 dieser Vorschläge aufgegriffen, entweder im BEG IV oder an anderer Stelle. Hier zeigt sich: Wirtschaft und Politik dürfen nicht gegeneinander arbeiten, sie müssen miteinander arbeiten. Das ist hier gelungen. Genauso sollten wir auch weiterarbeiten.

Lutz Goebel, der Vorsitzende des Nationalen Normenkontrollrates und sicherlich eine der prominentesten und auch kräftigsten Stimmen für den Bürokratieabbau hat das BEG IV - Zitat -: einen „starken Auftakt“ für den Bürokratieabbau genannt.

Er hat aber auch angemahnt, dass es weitergehen muss, und damit hat er recht. Deshalb wird die Bundesregierung diesem Schritt auch weitere folgen lassen: Der Gesundheitsminister wird im Gesundheitswesen Bürokratie abbauen, der Wirtschaftsminister wird in Kürze Erleichterungen für das Vergaberecht vorschlagen. Denn Bürokratieabbau muss Querschnitts- und Daueraufgabe der gesamten Bundesregierung sein, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Gemeinsam mit unseren Freunden in Frankreich und anderen EU-Staaten setzen wir uns für Bürokratieabbau auf europäischer Ebene ein. Denn zur Wahrheit gehört, dass 57 Prozent des bürokratischen Erfüllungsaufwandes in Deutschland intellektuell nicht hier in Berlin entstanden sind. 57 Prozent der bürokratischen Belastungen stammen aus der Umsetzung europäischer Richtlinien. Auch hier muss in Zukunft gelten: Weniger ist mehr.

Bürokratieabbau ist wichtig. Bürokratieabbau ist ein Konjunkturprogramm zum Nulltarif. Bürokratieabbau ist deshalb auch ein Beitrag zu einer Wirtschaftswende für mehr Wachstum und mehr Wettbewerbsfähigkeit. Genau das braucht unser Land jetzt dringend. Bürokratieabbau hat eine wichtige ökonomische Bedeutung. Er hat aber auch eine gesellschaftspolitische Bedeutung, und auf diesen Aspekt möchte ich - gerade als Verfassungsminister - zum Schluss noch einmal hinweisen. Wir alle fragen uns, woher es kommt, dass immer mehr Bürgerinnen und Bürger dem Staat, der Politik und den Institutionen ein Stück weit das Vertrauen entziehen. Ich glaube, ein Teil der Antwort ist Folgender: Wenn wir als Staat und Politik mit immer mehr kleinteiligem Mikromanagement des täglichen Lebens den Bürgerinnen und Bürgern die Botschaft senden, dass wir ihnen misstrauen, dann wird Misstrauen mit Misstrauen beantwortet.

Deshalb sind Bürokratieabbau und die Tatsache, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern wieder mehr Vertrauen schenken, glaube ich, der richtige Weg; denn dann wird Vertrauen von Staat und Politik in die Bürgerinnen und Bürger auch mit Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Staat und Politik beantwortet werden.

Ich danke Ihnen.

‒ Es gilt das gesprochene Wort! ‒

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