"Die EU-Lieferkettenrichtlinie wird in dieser Form nicht kommen. Zu viele sachliche Gründe haben gegen sie gesprochen: zu viel Bürokratie, zu viele neue Haftungsrisiken, unüberschaubare Sorgfaltspflichten – und zu wenig erkennbar wirksamer Nutzen. Mehr als die Hälfte der Mitgliedsstaaten hat dem Entwurf nicht zugestimmt, auch etwa Frankreich und Italien. Sie haben unsere Bedenken geteilt, wegen derer wir als deutsche Bundesregierung letztlich nicht zugestimmt haben.
Gerade in der gegenwärtigen geopolitischen Lage und einer Welt des Umbruchs wäre die Richtlinie vor allem für mittelständische Unternehmen schlichtweg nicht umsetzbar – und daher nicht tragbar. Es wäre auch nichts gewonnen, wenn sich europäische Unternehmen unter dem Druck der übermäßigen Regulierung aus globalen Lieferketten zurückziehen, und ihr Platz von Unternehmen aus Staaten eingenommen würde, die eine viel niedrigere Sensibilität für Menschenrechte haben.
Viele Unternehmen achten auf hohe Standards in ihren Lieferketten, aus eigener Verantwortung, und weil ihre Kunden das mehr denn je erwarten. Aber auch die politische Regulierung von Lieferketten bleibt ein berechtigtes Projekt. Ich bin nicht für Nichtstun -im Gegenteil: Die Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards sind es, die unsere Wirtschaft und Gesellschaft von denen autoritärer Staaten unterscheiden. Wir müssen den gescheiterten Entwurf nun beiseitelegen, um nach der Europa-Wahl mit einer frisch ernannten Kommission Gespräche über einen bürokratiearmen, schlanken und wirksamen Entwurf auf den Weg zu bringen."